O.tel.o: Ständig besetzt

Werbefinanziertes Telefonieren ist gar nicht so leicht. Statt einstündiger Ferngespräche gibt es meist nur fünfminütige Ortsgespräche. Überlastete Relaisstationen  ■ Von Sabine am Orde

Dieter M.* hatte sich das alles so schön vorgestellt. Endlich gänzlich hemmungslos telefonieren – ohne den lästigen Gebührenzähler im Blick, die horrende Telefonrechnung im Sinn. Groß war da also seine Freude, als die Firma O.tel.o, eine Tochter von RWE und Veba, ihn als eine von 5.000 Testpersonen in Berlin auserwählte, die zehn Wochen lang kostenlos telefonieren können. Das bißchen Werbung, das er sich im Tausch dafür vor und während der Telefonate anhören muß – nun ja, das hätte Dieter M. als Preis für kostenloses Fernsprechen gern in Kauf genommen. Wenn es denn mit dem Telefonieren nur geklappt hätte.

So einfach ging es damit allerdings nicht. Am 3. Oktober, der Versuch „Spotline“ lief gerade zwei Tage, griff unsere Testperson erstmals zum Hörer. Flugs war die 0130er Nummer gewählt, mit dem sich Dieter den Zugang zum O.tel.o-Computer verschaffen wollte. Dieser sollte dann den kostenlosen Anruf zum gewünschten Gesprächspartner weiterleiten. Doch zu einem gemütlichen Feierabendpläuschchen – aufgelockert durch 15 Sekunden lange Werbespots im Zwei- bis Drei-Minuten-Rhythmus – kam es nicht. Nur ein monotones Tuten tönte aus dem Apparat. Besetzt. Da nützte auch die Wahlwiederholungstaste nicht. Und auch der dritte, vierte, fünfte und zehnte Versuch blieb ohne Erfolg. In den nächsten Tagen ging es nicht besser. Als Dieter dann noch hörte, daß er bei Ferngesprächen nun – statt wie versprochen eine Stunde – nur noch 25 Minuten lang gratis telefonieren kann, war für ihn der Spaß vorbei. „Beschiß“ sei das, schimpfte er und wählte fortan Freunde und Familie wieder direkt an.

Günter Schamel hat Verständnis für die taz-Testperson. Zu Beginn des Versuchs sei es zu „extremen Kapazitätsproblemen“ gekommen, räumt der zuständige Projektleiter von O.tel.o ein. „Der Testbeginn lag an einem langen Wochenende, da haben scheinbar alle gleichzeitig zum Telefonhörer gegriffen. Die Nutzung hat alle unsere Erwartungen übertroffen.“ Im Klartext heißt das: Die von O.tel.o angemieteten Leitungen reichten einfach nicht. Inzwischen aber habe man „aufgerüstet“, so Schamel weiter, nun könne die „riesengroße Nachfrage“ – 10.000 bis 15.000 Gespräche würden täglich von den ausgewählten Berliner Privatanschlüssen geführt – bewältigt werden. Doch in der abendlichen „Peak Time“, die bei O.tel.o von 15 bis 23 Uhr dauert, komme es noch immer zu Engpässen. Deshalb seien die Ferngespräche zu dieser Zeit auf eine knappe halbe Stunde begrenzt.

Doch „zum Großteil“, gibt der wortgewandte O.tel.o-Mitarbeiter den Schwarzen Peter weiter, sei gar nicht seine Firma, sondern die Telekom am Telefonfrust einiger Probanden schuld. Diese mußte nämlich die Rufnummern der Testpersonen zunächst freischalten, damit der Computer sie als zugelassene Versuchsteilnehmer erkennen kann. Schamel: „Bei einigen hundert Testpersonen war das nicht der Fall.“

Doch an dem Ärger von Petra L.* hat die Telekom mit Sicherheit keine Schuld. Auch sie hatte sich auf das kostenlose Telefonieren gefreut – insbesondere mit ihrem Liebsten, der zur Zeit in München weilt. Doch sie hatte Pech. Sie wurde – gemeinsam mit einem knappen Drittel der Testpersonen – ein zweites Mal auserwählt: Sie kann kostenlos nur fünf Minuten lange Ortsgespräche führen, wird dafür aber nicht von Reklamespots unterbrochen. Nur vor ihrem Telefonat muß sie sich Werbung anhören. Doch das interessiert Petra L. nicht: „Für Ortsgespräche hätte ich doch meine Daten nicht preisgegeben.“ Das mußte sie als Versuchsteilnehmerin aber tun, damit die Werbung „zielgruppenorientiert geschaltet werden kann“.

Wie viele Beschwerden es insgesamt bei der O.tel.o-Hotline gab, will Schamel nicht sagen. Dieter M. und Petra L. zumindest hat das werbefinanzierte Telefonieren, mit dem die Kölner Firma bei positivem Testausgang nächstes Jahr auf den Markt gehen will, nicht überzeugt – auch wenn sie es inzwischen einige Male genutzt haben.

* Namen geändert