Mit dem Touring-BMW zur ABM-Firma

■ Vorwürfe des Rechnungshofs: Beschäftigungsfirmen verschwendeten öffentliche Gelder

Geldverschwendung von öffentlichen Mitteln in Millionenhöhe in den Jahren 1991 bis 1994 hat der Landesrechnungshof bei der Überprüfung von fünf Beschäftigungsgesellschaften festgestellt (siehe taz von gestern). Diese waren unter anderem auf Betreiben von Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) durch die Servicegesellschaften Sozialpädagogisches Institut (SPI) und Zukunft im Zentrum (ZIZ) gegründet worden, um Tausende von ABM-Stellen für abgewickelte DDR-WissenschaftlerInnen zu verwalten.

Beispiel 1

Schaden: 130.000 Mark

Ein Geschäftsführer der Adlershofer Umweltschutztechnik- und Forschungsgesellschaft (AUF) leaste 1993 als Geschäftswagen einen BMW 520 Touring, den er vermutlich überwiegend privat benutzte. Nach Ausscheiden des Geschäftsführers wurde der PKW an eine weitere Beschäftigungsgesellschaft verkauft. Es bestand „keine Notwendigkeit für die Beschaffung eines luxuriösen Firmenfahrzeugs“, urteilt der Rechnungshof.

Beispiel 2

Schaden: 98.000 Mark

Ebenfalls ein Geschäftsführer der AUF mietete 1993 ein repräsentatives 60-Quadratmeter-Büro am Ku'damm für 3.600 Mark monatlich. „Daß es jemals genutzt wurde, konnte nicht nachgewiesen werden“, urteilen die Prüfer.

Beispiel 3

Schaden: 890.000 Mark

Die fünf Beschäftigungsgesellschaften bezahlten jeweils zwei, mitunter drei Geschäftsführer gleichzeitig, wobei die zu erledigenden Aufgaben dies nicht rechtfertigten. Die Geschäftsführer wurden nach Angestelltentarif West entlohnt, obwohl die Firmen im Ostteil angesiedelt waren. Deshalb hätten sie nur den niedrigeren Osttarif erhalten dürfen. Allein bei der AUF schlugen dadurch 77.000 Mark zu Buche.

Beispiel 4

Schaden: nicht bezifferbar

Die Beschäftigungsgesellschaft „Institut für Technische Weiterbildung“ (ITW) vergab Aufträge in Höhe von 867.000 Mark an vier Fremdfirmen. Ein gemeinsamer Gesellschafter dieser Firmen arbeitete gleichzeitig als Geschäftsführer bei ITW. Bei der Vergabe der Aufträge wurden keine Vergleichsangebote eingeholt. „Die zweckentsprechende, sparsame und wirtschaftliche Mittelverwendung war somit nicht ausreichend nachgewiesen“, stellt der Rechnungshof fest.

Beispiel 5

Schaden: 29.000 Mark

Die GWA Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zahlte einem Geschäftsführer der AUF 1992 Honorare für „Projektbetreuung“. Ob tatsächlich Arbeit geleistet wurde, läßt sich nicht feststellen. „Die Berechtigung dieser Zahlung ist nicht nachgewiesen“, meint der Rechnungshof. Die Summe der Gesamtschäden hat der Rechnungshof nicht berechnet. Die Prüfer erwarten aber, daß die Senatsverwaltung für Arbeit den Mißbrauch öffentlicher Mittel in Zukunft unterbindet. Die bündnisgrüne Arbeitsmarktexpertin Sibyll Klotz kritisiert vor allem die mangelnde Kontrolle der Gesellschaften. Es müsse überlegt werden, ob die Betreuung der ABM- Stellen nicht in die Arbeitsverwaltung zurückverlagert werden könne.

Die GeschäftsführerInnen der Servicegesellschaften SPI und ZIZ wollten sich gestern nicht äußern. Sie verwiesen auf die Pressestelle von Arbeitssenatorin Bergmann. Doch auch dort verlautete nur, daß sich demnächst das Parlament mit den Vorwürfen befassen werde. Die Bündnisgrünen wollen das Thema am kommenden Donnerstag in der Plenarsitzung behandeln. Hannes Koch