Die unfähigen bleiben

■ Kein Mißtrauensvotum gegen EU-Kommission wegen BSE-Schlampereien

Straßburg (taz) – EU-Kommissionspräsident Jacques Santer will endlich ein paar unfähige Beamte rausschmeißen können. Daß es in der EU-Regierung, besser bekannt als Europäische Kommission, solche Leute gibt, ist spätestens seit dem Bericht des BSE- Untersuchungsausschusses amtlich. Das Europäische Parlament hat Santer deshalb im Frühjahr mit einem Mißtrauensvotum gedroht, wenn er nicht bis Jahresende aus dem BSE-Desaster personelle Konsequenzen zieht.

Doch Santer hat ein Problem, wie er jetzt vor dem BSE-Ausschuß einräumte: Das Beamtenstatut verbietet ihm die schnelle Lösung. Der erste Versuch, einen der Mitarbeiter loszuwerden, der sich bei der Bewältigung des britischen Rinderwahnsinns besonders viele Fehler geleistet hat, soll bereits kläglich gescheitert sein. Der Betroffene habe nur kurz mit dem Statut wedeln müssen und schon hätten alle begriffen, daß dem Mann juristisch nicht beizukommen ist, hieß es. Um ihn zu feuern, müßte ihm eine eindeutige Verfehlung nachgewiesen werden – Bestechlichkeit zum Beispiel oder Amtsmißbrauch. Unfähigkeit allein reicht nicht.

Kommissionspräsident Santer möchte deshalb das EU-Beamtenstatut ändern. Beschließen können das allerdings nur die 15 Regierungen der EU-Mitgliedsländer. Die dürften von der Idee wenig begeistert sein. Zum einen haben die meisten, darunter auch Deutschland, zu Hause ein ähnlich starres Statut. Eine Änderung des europäischen Statuts würde zwangsläufig auch die Frage nach den Disziplinierungsmöglichkeiten des eigenen Beamtenapparates aufwerfen. Zum anderen sieht beispielsweise Paris in den französischen Eurobeamten Statthalter in Brüssel, die nicht vom EU-Kommissionspräsidenten herumgeschubst werden dürfen. So hat Santer zwar viele am BSE-Desaster mitverantwortliche Beamte von ihren Aufgaben entbunden. Am Generaldirektor der Agrarabteilung aber hat er sich offenbar die Zähne ausgebissen. Denn Guy Legras ist Franzose. Wenn Legras gehen muß, wird der Topjob nach alter Eurotradition mit einer anderen Nationalität besetzt. Das würde Paris gar nicht gern sehen, und Santer gilt nicht unbedingt als konfliktfreudig.

Im Europaparlament setzt sich inzwischen trotzdem die Ansicht durch, daß die EU-Kommission ihre Lektion gelernt hat und das angedrohte Mißtrauensvotum nicht mehr nötig ist. „Die Kommission hat sich in den letzten Monaten mehr verändert als in den 10 Jahren davor“, meint die BSE- Ausschußvorsitzende und SPD- Abgeordnete Dagmar Roth-Behrendt. Für die jüngsten BSE-Pannen seien die nationalen Regierungen verantwortlich. „In einigen Ländern ist selbst das Herausschneiden von Fleischstempeln noch immer legal.“ Alois Berger