Rot-Grün: AKW ausschalten

■ Flotte Koalition in Hamburg will handeln

Hamburg (taz) – AKW ade: Hamburg will den Atomschrottmeiler Brunsbüttel abschalten. Das haben SPD und GAL am Donnerstag abend nach mehrstündigen Koalitionsverhandlungen beschlossen. Sofern ein neues Gutachten abermals ergibt, daß Gaskraftwerke kostengünstiger Strom produzieren als AKWs, „werden wir die HEW auf die Umsetzung des Satzungsziels drängen“, so SPD-Parteichef Jörg Kuhbier.

Wie sich die Beschlüsse der künftigen Regierungskoalition durchdrücken lassen, ist noch nicht ganz klar. „Der Teufel steckt im Detail“, so SPD-Verhandlungsführer Ortwin Runde. Hamburg besitzt nur noch gut die Hälfte der HEW-Aktien. Je 12,5 Prozent besitzen die Großaktionäre PreussenElektra und die schwedische Sydkraft. Hamburg hatte die Anteile im Januar verkauft, um den Haushalt aufzubessern.

Die HEW ist zusammen mit der PreussenElektra Betreiberin der AKWs an der Elbe. An Brunsbüttel besitzt die HEW gar zwei Drittel der Anteile. Die HEW könne von PreussenElektra den Rest der Anteile im Jahr 2002 übernehmen und den Reaktor stillegen.

Andere Bundesländer sind nur die Aufsichtsbehörden von AKWs. Daß ein Land direkt die Mehrheit an einem AKW-Betreiber hält, ist eine bundesweit einmalige Situation. Der Siedewasserreaktor Brunsbüttel zählt zu den ältesten Reaktoren in Deutschland. Er erzeugt mit jährlich 3,1 Milliarden Kilowattstunden etwa ein Viertel des Hamburger Stroms. Allein in den ersten zehn Betriebsjahren hatte der Meiler jedoch 158 Störfälle.

Neben den Beschlüssen zu Brunsbüttel planen die künftigen Koalitionäre, auf Bundesebene ein Atomausstiegsgesetz auszuarbeiten. Bei einem Machtwechsel in Bonn sollen nach dem Willen der Hamburger Regierung in spe alle AKWs abgewickelt und der Atommüll endgelagert statt wiederaufbereitet werden.

Damit haben in der zweiten Woche der Koalitionsverhandliungen auch die Grünen punkten können. In der ersten Woche mußten sie der SPD die Elbvertiefung und die bereits laufende Hafenerweiterung zugestehen. Die SPD hat diese Woche zwei umstrittene Bauprojekte eingedampft: Neugraben-Fischbek (Wachtelkönig-Land) stirbt ganz, Neu-Allermöhle III wird auf 1.500 neue Wohnungen halbiert.

Nächste Woche sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Bis dahin müssen Kompromisse auf dem umstrittenen Feld der Inneren Sicherheit gefunden werden. Silke Mertins

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