Blick von unten auf den kriegerischen Heldentod

■ „Förderverein Nachdenkmal Groß Borstel“gegründet. Für Gerd Stanges „Schützengraben“fehlen noch 15.000 Mark

„Was hat ein Schützengraben mit Kunst im öffentlichen Raum zu tun? Wir wollen den Graben nicht am Licentiatenberg oder anderswo. Das ist Vergewaltigung der Bürgermeinung!“Kopfschüttelnd legt Michael Werner-Boelz von der Initiative Groß Borstel gegen Rechts das soeben verlesene Protestschreiben des Anwohners Alfred Prinz aus Groß Borstel zur Seite. „Tja“, sagt er zu dem Dutzend Interessierter, das sich am Freitag abend im Goldbekhaus in Winterhude versammelt hatte: „In dem Stil geht die Diskussion um unser geplantes Nachdenkmal in Groß Borstel ab. Seit Jahren.“

Dennoch oder gerade deswegen gründet das Dutzend – Vertreter der bezirklichen GAL und SPD, von Geschichtswerkstätten sowie geschichtsinteressierte BürgerInnen – an diesem Abend den gemeinnützigen „Förderverein Nachdenkmal Groß Borstel“. Bis Jahresende, so das einzige Vereinsziel, sollen über Spenden und Bankkredite 15.000 Mark eingeworben werden. Die fehlen noch, um die 35.000 Mark teure begehbare, unterirdische Installation, den Schützengraben des Hamburger Künstlers Gerd Stange, am Licentiatenberg finanzieren zu können.

Kulturbehörde und Bezirksamt Nord haben bereits zugesagt, das Kunstwerk mit je 10.000 Mark zu unterstützen – sofern bis zum 31. Dezember ein Finanzierungskonzept für die Restsumme vorliegt. Vereinsmitgründer Wolfgang Guhle, im parlamentarischen Leben Fraktionschef der Nord-Grünen, ist überzeugt, daß „diese Form der Streitkultur“diesmal „einfach gelingen muß“: Seit Mitte der 90er Jahre streiten sich die aktiven Groß Borsteler gegen Rechts mit Verwaltung, Anwohnern und Kriegsveteranen um das „Nachdenkmal“zum Kriegerdenkmal am Licentiatenberg.

Denn das Monument, das seit 1922 auf dem Hügel in Groß Borstel steht, ist „grauenvoll und kriegsverherrlichend“, klagt Werner-Boelz: ein Klotz aus Mauer-steinen mit einer halben Kanonenkugel oben drauf, auf der wiederum ein riesiger Adler thront. Bis in die 60er Jahre wurden hier am Volkstrauertag Kränze niedergelegt für die Soldaten beider Weltkriege, die laut Steingravur „den Heldentod für das Vaterland starben“.

Gerd Stange hat daraufhin sein Gegendenkmal „Schützengraben – Soldatengrab“konzipiert: ein 20 Meter langer, unterirdischer Gang, oben vergittert, der den Hügel hinauf zum Kriegerdenkmal führt und den Krieg aus einer anderen Perspektive zeigt. Nur gebückt kommt man durch den 1,40 Meter hohen Graben. Bis man wenige Meter von dem Adler entfernt aus dem Graben tritt – und aufrecht stehen kann.

Heike Haarhoff

Infos zu Nachdenkmal und Spenden erteilt Michael Werner-Boelz, 553 45 89.