Mühlenberger Loch überbrückt

Rotgrüner Durchbruch: Rüsch-Kanal wird als Dasa-Erweiterungsfläche geprüft. Außerdem: Stadt finanziert Betriebs-Lehrstellen  ■ Von Silke Mertins

ChefInnen-Sache Mühlenberger Loch: In der Kaffeepause der samstäglichen Koalitionsrunde verdünnisierten sich Krista Sager (GAL) und Ortwin Runde (SPD), um über den Stolperstein Dasa-Erweiterung zu beraten. Eine Dreiviertelstunde später präsentierte das Spitzen-Duo einen Kompromiß. „Der Senat hält an seiner Bewerbung für den A 3XX fest“, so der designierte Bürgermeister Runde. Aber: „Alternativen zum Mühlenberger Loch werden geprüft.“

Konkret kommt dafür nur das Gebiet um den Rüsch-Kanal östlich des Flugzeugwerks Dasa in Finkenwerder in Frage, räumte Runde ein. Die 70 Hektar große Fläche liegt bis auf ein paar Zulieferbetriebe und einen Sportboothafen brach. „Von der Dasa selbst ist die Aussage gekommen, daß es Alternativen gibt“, so Runde. Und die sollen nun „ernsthaft durchgeprüft werden“. Ein planrechtliches Verfahren wird erst nach der Unternehmens-Entscheidung, ob der A 3XX überhaupt in Hamburg endmontiert wird, eingeleitet. Alle vorbereitenden Maßnahmen, sowohl für das Mühlenberger Loch als auch für die Alternativen, werden bis dahin vorangetrieben.

Der Flugzeugbauer Dasa kann augenblicklich noch nicht beziffern, wieviel zusätzliche Fläche für den Bau des Super-Fliegers A 3XX, an dem 4000 Arbeitsplätze hängen, gebraucht wird. GAL-Unterhändler Willfried Maier, der die „Machbarkeitsstudie“des Senats eingesehen hat, hält das Gebiet am Rüsch-Kanal für „groß genug“. Damit sei das Risiko für das Mühlenberger Loch, das nach EU-Recht längst unter Naturschutz (Flora-Fauna-Habitat) stehen müsse, „deutlich minimiert“. Denn „räumliche Alternativen“müßten selbst dann nach europäischen Richtlinien bevorzugt werden, wenn die Erschließungskosten höher seien, so Maier. Im übrigen sei es „hochgradig verrückt“, 1,7 Milliarden Mark – diese Kosten nennt die Machbarkeitsstudie – von Staats wegen in die Infrastruktur zu stecken.

Der Kompromiß „ist genau unsere Position gewesen“, freute sich GAL-Sprecherin Antje Radcke, „das habe ich gar nicht erwartet“. Verhandlungsführerin Krista Sager betonte, daß das Zurückziehen der Dasa-Bewerbung für die SPD „nicht verhandelbar“war. Es wäre zudem „kein gutes Anfangssignal für Rotgrün gewesen“. In der Subventionsfrage einigte man sich darauf, „alle Beihilfen bei der EU anzumelden“, so Sager. Ein rotgrüner Senat werde „sich nicht in einem rechtlich freien Raum bewegen“.

In der Beschäftigungspolitik, dem eigentlichen Tagesordnungspunkt am Samstag, arbeiteten SPD und GAL ein Lehrstellenkonzept aus. Erstmals werden nun Ausbildungsbetriebe bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt. Junge Firmen, „die noch nicht die finanzielle Kraft haben“, so SPD-Parteichef Jörg Kuhbier, erhalten eine Anschubfinanzierung für Ausbildungsplätze.

Zusätzlich sollen Ausbildungsverbünde – Betriebe, die sich zusammentun – für mehr Lehrstellen sorgen. Für Jugendliche ohne Hauptschulabschluß will Rotgrün einen vereinfachten Ausbildungsgang schaffen, auf den später aufgesattelt werden kann. Kuhbier stellte allerdings klar, daß „die Berufsausbildung in erster Linie Aufgabe der Unternehmen ist“. Und das müsse „immer wieder deutlich gemacht und eingeklagt werden“.

Jungarbeitslose sollen zudem „besonders begünstigt“werden. Wie genau, darüber wurde noch keine Einigkeit erzielt. Kryptisch mutet auch die koalitionäre Absicht an, die Verfolgung illegaler Beschäftigung zu „intensivieren“.