Heinz Eggert ist wieder da. Aber wo?

■ 1995 stürzte der damalige sächsische Innenminister über einen Sexskandal ins Nichts. Jetzt ist er zurück – als CDU-Vize in Sachsen

Markneukirchen/Berlin (taz) – Heinz Eggert, verliebt in die Macht und geliebt von den Medien, konnte sich nicht länger zurückhalten. Vor zweieinhalb Jahren war der damalige sächsische Innenminister und Stellvertreter Helmut Kohls als CDU-Vorsitzender im politischen Nichts verschwunden – jetzt ist er wieder aufgetaucht. Am Wochenende wurde der 51jährige auf dem Parteitag der sächsischen CDU in Markneukirchen zu einem von drei stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt. Eggert („Ich habe mich nie aus der Politik verabschiedet“) möchte seine Rückkehr als das Normalste von der Welt verkaufen. Es ist alles andere – nur das nicht. Heinz Eggert war noch nie ein 08/15-Politiker.

Schon vor der Wende hatte der Pfarrer im ostsächsischen Oybin mit DDR-kritischen Bemerkungen von der Kanzel herab für Aufsehen gesorgt. 1990 wurde er zum Landrat des Kreises Zittau gewählt, wo er sich wegen seines rigorosen Vorgehens gegen Stasi und SED-Seilschaften einen hübschen Spitznamen einhandelte: Pfarrer Gnadenlos. So einer paßte gut zur CDU im Osten: ein bißchen rebellisch, ein bißchen populistisch und die richtige Vergangenheit. Der sächsische Ministerpräsident Biedenkopf berief ihn 1991 zum Innenminister und stellvertretenden Regierungschef, zwei Jahre später wurde er in der CDU gar Helmut Kohls Stellvertreter.

Eggert blieb immer so, wie er war: ein hemdsärmeliger Typ, volksnaher als alle Westdeutschen, zupackender als alle Ostdeutschen. Für ihn waren alle Kumpel. Er trieb sich viel lieber in den Dresdener Szenekneipen rum als in der Staatskanzlei. Er entwarf für Sachsen das rigideste Landespolizeigesetz Deutschlands. So wurde Eggert populär, nicht nur im Osten. Und plötzlich der Absturz: Vier seiner Mitarbeiter warfen ihm vor, sie sexuell belästigt zu haben. Die Vorwürfe wurden nie geklärt – entkräftet aber auch nicht.

So, wie ihn damals viele für schuldig hielten, gilt Eggert heute bei den meisten als rehabilitiert. Sie trauen ihm wieder alles zu: Leipziger Oberbürgermeister, sächsischer Ministerpräsident, CDU-Chef in Sachsen? Überall ist Eggerts Name im Gespräch. Politisch begründen muß man das nicht – Eggert ist so populär wie Biedenkopf, das muß reichen. Der Vielumworbene weiß wohl selbst noch nicht, was er will. Hauptsache, er ist wieder da. Das muß fürs erste reichen. Jens König