■ Kommentar
: Im Körper meines Feindes

Der Regierende Bürgermeister hat sich für die Reduzierung der Bezirke mehr als einmal stark gemacht. Aus 23 mach 12, und zwar bis zum nächsten Wahltag 1999, hat der Senat im Sommer beschlossen. Doch die Rechnung wurde gemacht ohne einen mächtigen Feind. Der CDU-Landesvorsitzende nämlich will nur noch eine Reduzierung der Zahl der Bezirke „um mindestens ein Drittel“. Das wären dann doch 15 Bezirke. Zeitpunkt: Soll ebenso offenbleiben wie der Zuschnitt. Dies soll der CDU- Landesparteitag am 8. November beschließen. Die SPD, die sich bei der Bezirksgebietsreform offen dem Widerstand aus den eigenen Reihen stellte und inzwischen ihre Funktionäre auf den Zeitpuntk 1999 einschwor, ist zu Recht verärgert. Eine vergeigte Länderfusion, eine unbewältigte Kassensanierung und eine Wirtschaftsentwicklung, die allen anderen Bundesländern hinterherhinkt – die Bilanz des Senats ist das Gegenteil einer Erfolgsstory. Stürzt nun auch die Bezirksreform ab, fällt das letzte Argument der Großen Koalition, wieviel segensreiches eine Zweidrittelmehrheit im Parlament bewirken kann.

Doch für die CDU-Spitze stehen nicht Senatsbeschlüsse, sondern steht die eigene Zukunft auf dem Spiel. Nur mit einem scharfen Profil können die Christdemokraten wieder Land gewinnen, hat die Parteispitze begriffen. Nicht die SPD, sondern die Christdemokraten wirken gegenwärtig wie die Verlierer der letzten Wahlen. Dafür sorgen eine couragierte Kassenwartin Fugmann-Heesing, eine beweglicher gewordene SPD und eine schlappe CDU-Regierungsriege. Scharfes Profil aber heißt mehr Streit im Senat, mehr Kampfeslärm und weniger Kompromiß. Ein klassischer Konflikt mithin zwischen plakativem Parteiinteresse und kleinteiliger Regierungsarbeit. Der Regierende Bürgermeister, der sich gern als oberster Moderator und faktensicherer Kompromisseschmied begreift, steht solcher Strategie im Wege. Er wird damit zum zwangsläufigen Feind des CDU- Landesvorsitzenden Eberhard Diepgen. Schlechte Zeiten also für den Regierenden Bürgermeister. Gerd Nowakowski

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