■ Wahrheit-Reporter vor Ort: Schumachers Lehrer packt aus
: Ein recht vernünftiger Fahrer

Otzberg/Augsburg (taz) – Nachdem Michael Schumacher seinen Traum vom Weltmeistertitel in der Formel 1 am vergangenen Sonntag in einem Kiesbett begraben mußte, fragen sich viele: Warum blieb er dort stecken? Wieso konnte er mit dem unwegsamen Gelände nicht umgehen? Die Antwort darauf kennt einer, der es wissen muß: Michael Schumachers ehemaliger Fahrlehrer Karlheinz Itzel aus Otzberg in Hessen.

Das Treffen mit Itzel fand vor kurzem in Augsburg statt. Hier kurvt er in seiner Eigenschaft als Fahrsicherheitstrainer mit einem Jeep Besucher eines Verkehrssicherheitstages durchs Gelände. Der Fahrlehrer, der selbst schon zweimal Deutscher Meister war – allerdings nicht in der Formel 1, sondern im Geländewagen-Trial – hat einen nicht geringen Anteil an den Formel-1-Erfolgen Michael Schumachers. Schließlich hat das deutsche Rennwunder bei ihm gelernt. „Das war 1986, da kam der Michael in meine Fahrschule und hat sich zum Führerschein angemeldet“, erzählt er. Daß Schumacher in Hessen seinen Führerschein machte, liegt an seinem früheren Job – damals arbeitete er im Nachbarort bei einer Tuningfirma für Go-Karts. „Er hat auch dort bei dem Firmeninhaber gewohnt. Der wiederum kannte meinen Vater recht gut und wußte, daß ich eine Fahrschule eröffnet habe“, erinnert sich Karlheinz Itzel. „Der Herr Neubert meinte, mach dem nicht zuviel Fahrstunden, der hat nicht viel Geld.“

Tatsächlich hatte auch Michael Schumacher gleich erklärt, nur zwölf Fahrstunden nehmen zu wollen. Beim Fahren habe sich der junge Mann auch wahrlich nicht ungeschickt angestellt. „Der ist ja damals schon Kart gefahren, und zwar recht erfolgreich. Deutscher Meister und Europäischer Vizemeister war er da schon im Kart- Fahren.“

Die in Hessen gültigen Vorschriften hätten allerdings eine Mindestzahl von über zwanzig Fahrstunden erfordert, was den Vorstellungen der Herren Schumacher jun. und sen. nicht so recht entsprach. Trotzdem: „Mit den von Michael geplanten zwölf Stunden ging gar nichts“, sagt Fahrlehrer Itzel. Bis sein Schüler Ein- und Ausparktechniken, Brems- und Wendemanöver behrrschte, vergingen 21 Fahrschulstunden.

Michael Schumacher benötigte 21 Fahrstunden

Im statistischen Vergleich schnitt er damit nicht schlecht ab – Vater Schumacher war allerdings nicht so recht zufrieden. Er hatte sich weit weniger Fahrstunden für seinen Filius erhofft, wo dieser doch so erfolgreich in den kleinen Flitzern unterwegs war.

Die Frage nach den Fahrgewohnheiten von „Schumi“ hat Karlheinz Itzel erwartet. Nein, besonders auffällig sei der nicht durch die Gegend gebrettert. Bei den Fahrstunden habe der den erfolgreichen Kart-Fahrer nicht raushängen lassen. „Eigentlich habe ich mich gewundert, daß er recht vernünftig gefahren ist.“ Freilich habe damals ja auch noch niemand gewußt, daß er mal ein so begnadeter Rennfahrer wird. „Ich hab' ihm zugetraut, daß er in die Formel 3 geht, aber in die Königsklasse, nein.“ Dazu brauche man schließlich nicht nur Geschick und Können, sondern auch Beziehungen und Geld. Er habe ihn auch mal auf seine fahrerische Zukunft angesprochen, sagt Karlheinz Itzel. „Da hat er gemeint – und zwar recht ironisch – Formel Ford oder Formel 1. Und zwei Jahre später war er dann in der Formel 1!“

Der Mann, der sowohl bei der Transsilvanien-Trophy mitgefahren ist als auch bei der Rallye München–Marrakesch, freut sich heute noch über jeden Erfolg seines prominentesten Fahrschülers. Daß der einmal vom eigenen Bruder überrundet werden sollte, hält er für unwahrscheinlich. „Der hat ja seinen Führerschein auch nicht bei mir gemacht.“

Und dann fährt Karlheinz Itzel mit seinem Geländewagen eine 50-Prozent-Steigung hoch, durchquert ein Wasserbett, demonstriert, zu welchen Schräglagen man im Gelände fähig ist, und macht eine Randbemerkung, die nur wenige Tage später die Kieskatastrophe vom Sonntag erklären wird: „Im Gelände war ich mit Michael Schumacher nie!“ Klaus Wittmann