Bundesliga
: Keine Frohnatur

■ Kleine Erfolge für Humorkritiker Köstner im Kampf gegen den Kölner Größenwahn

Köln (taz) – „Fleiß, Fleiß, Fleiß.“ Freudlos hört sich das an. Und Lorenz-Günter Köstner verzieht auch keine Miene, die diesen klanglosen Dreiklang auch nur ein bißchen aufheitern würde. Die Lage ist, rein sportlich betrachtet, seit Jahren desolat beim ehemals ruhmreichen Verein.

Jetzt, so scheint es, hat er tatsächlich den Trainer, der es ganz humorlos auch so sieht. Einer, der ausnahmsweise einmal genauso frei von Lokalpatriotismus wie von Größenwahn oder notorischer Sorglosigkeit ist. Unter Köstner können sich die amüsierfreudigen Spieler des 1. FC Köln ihre Halodrimentalität abschminken. Ein Franke räumt im Rheinland auf.

Ein paar Schwaben oder solche, die für einen schwäbischen Verein spielen, kamen und halfen ihm am Sonntag. Drei Spiele hatte Köstner auf der Trainerbank leidlich gelitten, gesehen, wie glücklich in Rostock gewonnen, verdient gegen Schalke und mit Pech (das Köstner selbstredend „Dummheit!“ nennt) in Bochum verloren wurde. Dann war der VfB Stuttgart so frei, den Part des Leichtfuß-Ensembles zu übernehmen.

Im Keller wird nicht gelacht: Neu-Kölner Köstner Foto: AP

Gut gelaunt vom 4:0 bei Germinal Ekeren im Pokalsiegerwettbewerb ignorierte die offensivverliebteste Mannschaft der Liga konsequent, daß Verteidigung im speziellen und Ordnung im allgemeinen – leider, leider – auch zum Spiel gehört.

So gewann der FC 4:2. Weil Stuttgarter Ersatzverteidiger in Verletzungsabwesenheit der ersten und zweiten Wahl (Berthold, Schneider, Spannring, Legat) eklatante Fehler begingen. Weil das VfB-Mittelfeld wegen Verletzungen von Yakin vor und Balakow während des Spiels nicht funktionierte. Weil also insgesamt der VfB nicht genügend Spieler im Kader hat, die konstant garantieren könnten, daß ein komplettes Gefüge aufläuft.

So hat das Stuttgarter Spiel immer wieder die schönsten Momente auf seiner Seite, aber zur veritablen Spitzenmannschaft reicht es eben nicht. Doch der 1. FC Köln gewann auch aus eigener Kraft. Eben fleißig im Zweikampf und immerhin 80 Minuten bemerkenswert aggressiv und konzentriert. Er gewann auch und nicht zuletzt, weil Ion Vladoiu endlich wieder genesen ist.

Finales Pech war es für Köstners Vorgänger Peter Neururer, daß sich der Stürmer im letzten UI-Cup-Spiel verletzte. Wo er und der Mittelfeldstratege Dorinel Munteanu gerade gemeinsam Harmonie und Spielwitz aufblitzen ließen. Gegen Stuttgart trieb Munteanu das Spiel ansehnlich nach vorn, und Vladoiu schoß seine ersten beiden Saisontore. Des Rumänen Comeback fiel Anfang Oktober mit der Inthronisierung Köstners zusammen. Alles Glück für den neuen Trainer. Das weiß der auch, beläßt es aber nicht dabei. Auf „Glück“ muß aufgebaut werden – durch „Fleiß, Fleiß und nochmal Fleiß“.

Das prosaische Denken des Trainers fruchtet schon. Normalerweise führt jedes gute Kölner Spiel bei allen Beteiligten zu wilden Phantasien von einer glorreichen Zukunft. Jetzt aber freut sich Toni Polster, der hüftsteif und nicht mehr jung unter schneller gewordenem Kölner Spiel leidet, nur noch artig, daß der FC lediglich „einen Abstiegsplatz verlassen“ hat.

Bedenklich ist das noch nicht. Wäre es erst, sollten die Kölner Allerheiligen in Karlsruhe gewinnen und dann immer noch unter Bodenhaftung leiden. Dann müßte man sich ernsthaft Sorgen machen, daß die ewige rheinische Leichtlebigkeit doch darniedergehen könnte. Dagegen spricht nur Erfahrung. Das hat noch kein Trainer geschafft. Katrin Weber-Klüver