Handel statt Demokratie

■ Zum Abschluß des Commonwealth-Gipfels gibt es noch einmal offenen Streit um Nigeria

Edinburgh (taz) – Mit einer Erklärung, die eine stärkere Wirtschaftszusammenarbeit zwischen armen und reichen Ländern betont, ist der Staatengipfel des Commonwealth im schottischen Edinburgh gestern zu Ende gegangen. Der Abbau von Handelsbeschränkungen und die Erweiterung von Investitionsförderprogrammen gehören zu den Zielen, denen sich die 54 Staaten umfassende Organisation in den nächsten Jahren vorrangig widmen will. Der Commonwealth könne bei der Teilung des Wohlstands zwischen Nord und Süd „eine Schlüsselrolle“ spielen, heißt es in der Abschlußerklärung. Ferner wurden die Anträge von Ruanda und Jemen auf Mitgliedschaft vorerst abgelehnt. Der nächste Gipfel findet 1999 in Südafrika statt, der übernächste im Jahre 2001 in Australien.

Die Zukunft des seit 1995 suspendierten Mitgliedslandes Nigeria überschattete den Gipfel weiter. Die Staatschefs entschieden sich gemäß einer Empfehlung der Commonwealth-Außenministergruppe CMAG gegen den Rausschmiß Nigerias und vereinbarten eine Überprüfung der Lage in einem Jahr – nach der von Nigerias Militärregime versprochenen Machtübergabe an eine gewählte Regierung. Sollte Nigeria dann immer noch die Menschenrechtsprinzipien des Commonwealth verletzen, würden die Staatschefs einen Ausschluß des Landes und andere Maßnahmen, wie ein Ölembargo, „erwägen“. Gegen diese als lasch empfundene Haltung beschwerten sich nigerianische Bürgerrechtler mehrmals bei Protestaktionen am Rande des Gipfels. Vor den Türen des Pressezentrums kam es einmal zu einem Handgemenge, als nigerianische Demonstranten auf regierungsnahe Nigerianer stießen.

Selbst auf der Abschlußpressekonferenz gab es zu dem Thema offenen Dissens auf höchster Ebene. Commonwealth-Generalsekretär Emeka Anyaoku zog aus den Gipfelbeschlüssen den Schluß: „Nigeria wird im Jahre 1999 in Südafrika wieder als vollständiges Mitglied des Commonwealth willkommen geheißen.“ Da widersprach der britische Premier Tony Blair: „So kann man das nicht sagen. Wir werden eine Regierung von Nigeria willkommen heißen, die vom Volk gewählt wurde. So kann man das sagen.“ Anette Hornung