Erneuter Kursrutsch an Hongkongs Börse

■ Nach kurzer Erholung büßte gestern der Hongkonger Aktienindex knapp sechs Prozent ein, auch der Hongkong-Dollar ist noch immer unter Druck – Experten halten ihn für überbewertet

Hongkong (dpa/taz) – Nur Minuten nach dem Start der neuen Börsenwoche in Hongkong waren die Gesichter vieler Aktionäre schon wieder blaß. Die Kurse sausten schon wieder nach unten. „In der letzten Woche habe ich eine Million Hongkong-Dollar verloren und gleich wieder investiert“, stammelte ein 28jähriger städtischer Angestellter in die Mikrofone zahlreicher Kamerateams. „Nun wird es bitter.“ Er hatte umgerechnet eine Viertelmillion Mark verloren und nach der Erholung am Freitag auf eine Trendwende gehofft.

Die Hoffnung trog. Besonders betroffen sind große Banken, Hongkongs Fluggesellschaft Cathay Pacific, die Hongkonger China Telecom und die mächtigen Immobilienunternehmen. Deren steinreiche Chefs hatten beim größten Börsenkrach in der Geschichte der Stadt Milliarden verloren. Viele Immobilienfirmen leiden auch unter den hohen Zinsen. Der Immobilienmarkt, Hongkongs stärkste Branche, gilt als überteuert, Hongkong als teuerste Stadt der Welt.

Seit der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China am 1. Juli hat die Hongkonger Börse inzwischen um ein Drittel nachgegeben. Allein am Donnerstag um über 10 Prozent. Zwar hatte sich der Hang-Seng-Index vor allem durch Stützungskäufe aus China am Freitag leicht erholt. Gestern büßte er erneut 5,8 Prozent ein und fiel auf 10.498 Punkte.

Mit diesem zweiten Crash in nur fünf Tagen sei die Hoffnung auf eine rasche Erholung erst einmal zunichte gemacht, sagte der Sprecher eines britischen Handelshauses. Auch Manager deutscher Banken in Hongkong rechnen damit, daß sich der negative Trend in dieser Woche fortsetzt. „Hongkong verfügt über wunderschöne Wirtschaftsdaten. Das ändert aber nichts daran, daß Anleger rund um den Globus Angst haben, die Bindung an den US-Dollar könnte aufgegeben werden“, sagte der Generalmanager der Deutschen Genossenschaftsbank, Peter van der Mespel. Dies führe zu Panikverkäufen von Aktien und des Hongkong-Dollars.

Die Währung ist seit 14 Jahren mit festem Wechselkurs an den US-Dollar gebunden. Für China wäre es ein Gesichtsverlust, bräche Hongkongs bisher stabiles Währungsgefüge auseinander. Hongkongs Finanzsekretär, Donald Tsang, bekräftigte die Absicht der Regierung, an der Bindung an den US-Dollar festzuhalten. „Die Finger werden sich zum Schluß die Spekulanten verbrennen.“ Doch ausländische Fondsmanager werden Hongkongs Börse nach Ansicht deutscher Finanzexperten weiter unter Druck setzen, werden Aktien verkaufen und statt in Hongkong- in US-Dollar anlegen. Länder wie Thailand, Indonesien oder Taiwan haben ihre Währungen neu bewertet. „Warum also nicht Hongkong?“ fragen sich Anleger. Denn auch der Hongkong- Dollar gilt als überbewertet.