Soko 14-49 vermittelt

■ Pro Kernzielgruppe: ZDF macht Kidsköppe zu Serientätern ("Kids von Berlin", 19.25 Uhr)

„He Alter, haste mal 'ne Mark übrig?“ Mit diesen Worten versucht das ZDF nicht etwa, endlich mal wieder mehr Werbeeinnahmen für das Vorabendprogramm bei angejahrten Mediaplanern zu akquierieren, nein, mit diesen Worten wirbt ein ZDF-Pressetext für eine neue ZDF-Serie.

„Mit diesen Worten“, heißt es dort weiter, „umzingelten im Berliner Bezirk Kreuzberg drei Jugendliche einen Rentner. Als dieser die Geldbörse zückt, wird sie ihm aus der Hand gerissen, und er wird mit Schlägen traktiert. Leider eine alltägliche Szene, nicht nur in Berlin...“

Zur medienwirksamen Produktpräsentation schreckt man also in Mainz inzwischen selbst vor Ede-Zimmermann-Prosa nicht zurück. Glücklicherweise aber sind „Die Kids von Berlin“ dann doch besser als das Pressetext-Geschwafel und haben dessen Jugendgewaltphantasien weder nötig noch verdient.

Denn: Obwohl das ZDF im Umfeld seiner „innovativen, modernen Vorabendserie“ keine Gelegenheit ausließ, auf Authentizität und Realitätsbezug der „zeitgemäßen Krimifälle in modernem Look“ zu verweisen, hat man der deutschen TV-Krimi-Schwemme letztlich doch bloß eine Kernzielgruppenvariante hinzugefügt – „Soko 14–49“ sozusagen.

Und derweil der ARD-Vorabend aus Kindsköpfen wie Muriel Baumeister und Meral Perin kleine Kriminalkommissarinnen macht und jeden Dienstag um kurz vor sieben zum „Einsatz Hamburg-Süd“ schickt, zieht die ZDF- Vorabendverjüngung nun konsequent nach und macht eben aus Berliner Kidsköpfen kleine Serienstraftäter.

Da ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, daß es über den heutigen, anderthalbstündigen Pilotfilm nicht besonders viel zu erzählen gibt: Unschuldige Kinder aus sozial schwachen Familien verdingen sich als Autodiebe, skrupellose Bösewichte als Hintermänner, und eine sich während dessen generierende „Spezialeinheit für jugendliche Straftäter und jugendtypische Delikte“ der Berliner Polizei bringt die Bösen ins Zuchthaus und die Kids auf den rechten Weg. Am Ende ist sogar noch Zeit (und Etat) für einen kleinen Verfolgungsjagd-Stunt übriggeblieben.

Derlei wird es in den kommenden, regulären Folgen zwar nicht mehr geben, dafür aber Bandenkriege, Schutzgelderpressung, sexuellen Mißbrauch, versuchte Vergewaltigung und was der junge Hauptstädter kriminalistisch eben sonst noch so alles an Straftaten begeht.

Ausgedacht wurden die insgesamt elf Kids-'n'-Crime-Stories vom amerikanischen Krimiserien-Entwickler Rift Fournier („Kojak“, „Matlock“, „Wolffs Revier“) und dem deutschen Serienkonfektionisten Felix Huby, die zur Aufklärung der jugendlichen Missetaten ein siebenköpfiges Drei-Generationen-Team zusammengesampelt haben: ein ehemaliger Psychologiestudent, ein Ur-Berliner, ein Computer-As, ein väterlicher Vorgesetzter, sowie – Talentsucher (und Muriel Baumeister) aufgepaßt! – Barbara Philipp und Susanne Schäfer als ebenso selbstbewußte wie einfühlsame junge Polizistinnen und – „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“-Fans aufgepaßt! – Andreas Elsholz als Quotenmacher...

Daß die Kriminalgeschichten rund um diese Zielgruppentruppe schließlich (u. a. vom Grimme- Preis-tragenden „Ausgerechnet Zoe“-Regisseur Markus Imboden) ebenso konventionell wie professionell in Szene gesetzt wurden, mag nicht verwundern – aber, in Anbetracht der im halbherzigen Innovationsgewitter gescheiterten „Wilden Zeiten“, jener anderen (und „etwas anderen“) Berliner ZDF-Vorabendverjüngungsserie, eigentlich schon an sich als begrüßenswert empfunden werden. Christoph Schultheis