Auf gepackten Koffern

■ Israels Außenminister Levy will nur mit klarem Auftrag nach Washington reisen

Jerusalem (taz) – Er fährt, er fährt nicht, er fährt, er fährt nicht ...

Noch in dieser Woche soll Israels Außenminister David Levy nach Washington reisen, um dort mit PLO-Unterhändler Mahmud Abbas und US-Außenministerin Madeleine Albright über die Fortsetzung des Nahost-Friedensprozesses zu verhandeln. Doch kurz vor dem Abflug scheint die Reise geplatzt.

Als Grundlage für seinen Besuch hatte Levy von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen klaren Verhandlungsauftrag verlangt. Wenn er nach Washington reise, müsse er dort auch etwas anzubieten haben. Netanjahus Medienberater, David Bar-Ilan, erklärte jedoch am Montag, es sei unwahrscheinlich, daß Levy ein Mandat bekomme, den Palästinensern mehr Land zu übergeben. Netanjahu sagte in einer Regierungserklärung, Israel setze die Erfüllung der Interimsabkommen mit den Palästinensern aus. „Wir werden ihnen nicht mehr Land übergeben, solange sie den palästinensischen Terror nicht bekämpfen. Und das nicht für ein oder zwei Wochen, sondern über einen längeren Zeitraum.“ Eine „Auszeit“ im Siedlungsbau, wie sie von Washington gefordert wird, lehnte er kategorisch ab. „Wir werden in Jerusalem und im Westjordanland weiterhin Siedlungen bauen“, erklärte er. Netanjahu schloß eine Rückgabe des „lebenswichtigen“ Golan an Syrien ebenso aus wie einen einseitigen Rückzug aus dem Südlibanon.

Der Ministerpräsident und zahlreiche Kabinettsmitglieder unterstützten sogar eine Resolution der Moledet-Partei, in der die Knesset die Regierung auffordert, die „Verhandlungen mit den Palästinensern abzubrechen“ und die Stadt Hebron wieder israelischer Militärkontrolle zu unterstellen. Die Resolution erhielt jedoch keine Mehrheit.

Zu Beginn der Rede Netanjahus kam es zu Tumulten, als Abgeordnete der oppositionellen Arbeitspartei Plakate hochhielten mit der Aufschrift „Ich bin ein stolzer Jude.“ Der Protest richtete sich gegen eine Äußerung Netanjahus, in der er die „Linke“ beschuldigt hatte, vergessen zu haben, was es bedeute, ein Jude zu sein, und die Sicherheit Israels in die Hände der Palästinenser gelegt zu haben. Die Aussage war zufällig vom israelischen Rundfunk aufgezeichnet worden. Georg Baltissen