Putsch in Sambia niedergeschlagen

Armee verhindert Sturz des gewählten Präsidenten Chiluba durch einen Hauptmann, der mit einer „Operation Wiedergeburt“ das Land „retten“ wollte. Sambias Regierung steht wirtschaftlich unter Druck  ■ Von Kordula Doerfler

Johannesburg (taz) – Nach wenigen Stunden war alles vorbei. Noch am Morgen hörten die Sambier gestern beunruhigende Nachrichten über das staatliche Radio: Ihr erster demokratisch gewählter Präsident Frederick Chiluba sei gestürzt und werde umgebracht, falls man ihn in die Finger bekomme. Künftig regiere in Sambia ein bislang völlig unbekannter „Rat der Nationalen Erlösung“, der mit seiner „Operation Wiedergeburt“ das Land vor dem Untergang retten wolle. Ihr Chef, ein Hauptmann Solo, will einen Engel gesehen haben, der ihm den richtigen Weg wies.

Doch schon am Mittag waren die Putschisten verhaftet, und ein kerngesunder Chiluba ließ erklären, er sei weiterhin im Amt. Offenbar mit Hilfe der weitgehend loyalen Armee, die Straßensperren um die Hauptstadt Lusaka errichtete, gelang es, acht Rebellen festzunehmen. Der Anführer der Putschisten, der sich als Hauptmann Solo bezeichnet hatte, wurde als Steven Lungu identifiziert.

Am Nachmittag wandte sich Chiluba mit einer Fernseherklärung an die Bevölkerung – und machte vorerst erstaunlicherweise nicht seinen Erzrivalen, den früheren Präsidenten Kenneth Kaunda, für die Verschwörung verantwortlich. Der hielt sich zur Zeit des Putsches zu einer medizinischen Untersuchung in Südafrika auf und ließ jede mögliche Verbindung zu den Verschwörern dementieren. Kaunda, so hieß es aus seinem Büro, habe auch erst durch die Medien von den Vorfällen erfahren. Wenn Chiluba statt dessen ausländische Firmen beschwor, in seinem Land zu investieren, zeigt das, wie sehr er wirtschaftlich und politisch unter Druck steht. Der gescheiterte Putsch war ein Ausdruck für die Unzufriedenheit der Sambier. Zudem ist er ein weiteres Anzeichen dafür, wie instabil die gesamte Region ist. Immer mehr demokratisch gewählte Regierungen werden in Afrika von Militärs gestürzt, in jüngster Zeit – wie in Kongo-Brazzaville – mit massiver Beteiligung von Dritten. Über Verbindungen der Verschwörer in Sambia zu anderen Ländern in der Region ist bisher zwar nichts bekannt, gänzlich auszuschließen sind sie jedoch nicht.

Noch vor wenigen Jahren galt Chiluba als Hoffnungsträger einer neuen afrikanischen Politikergeneration, die es ernst meinte mit der Demokratisierung. In Afrika bewundert, vom Westen gefeiert: Im Oktober 1991 schlug der damals erst 47jährige in Sambias ersten demokratischen Wahlen den Amtsinhaber Kenneth Kaunda haushoch an der Spitze der „Bewegung für Mehrparteiendemokratie“, ein Sammelbecken für kritische Intellektuelle, Geschäftsleute, Gewerkschaftsmitglieder und nicht zuletzt einstige Kaunda- Anhänger.

Nach seiner Wahl vesprach der Gewerkschafter Chiluba, mit einem radikalen Strukturanpassungsprogramm die wirtschaftliche Öffnung einzuleiten. Doch die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, der Erneuerer hat längst seinen Glanz eingebüßt. Immer wieder werden Vorwürfe laut, daß Teile der Regierung einschließlich Chilubas korrupt und in Drogenhandel verwickelt sind. Hungeraufstände wie zu Kaundas Zeiten gibt es zwar in Sambia heute nicht mehr, und die Inflation wurde von mehr als 400 auf 35 Prozent gedrückt. 80 Prozent der neun Millionen Sambier leben jedoch unter dem Existenzminimum. Die Folgen eines neuen radikalen Privatisierungsprogramms sind vorerst für die Bevölkerung verheerend. Die Arbeitslosigkeit liegt in den Städten bei etwa 50 Prozent, und mit einem jährlichen Pro-Kopf- Einkommen von 370 Dollar gehört Sambia immer noch zu den ärmsten Ländern der Welt. „Die allgemeine Unzufriedenheit hat dazu beigetragen, einen Putschversuch überhaupt möglich zu machen“, sagt Richard Cornwell, Afrika-Experte des Instituts für Sicherheitsstudien in Pretoria.

Wie wenig sicher sich Chiluba der Unterstützung der Sambier ist, zeigte sich in der monatelangen Wahlfarce im vergangenen Jahr. Zwar wurde er im November schließlich im Amt bestätigt, mangels ernsthafter Gegenkandidaten war der Wahlausgang indessen von vornherein klar. Zuvor hatte Chiluba die Verfassung vorsichtshalber so ändern lassen, daß der einzige ersthafte Herausforderer Kaunda erst gar nicht kandidieren konnte.