Vertrauen in die Bonität

■ Banker gerät als Zeuge im Prozeß gegen den Baulöwen Schneider heftig unter Druck

Frankfurt/M. (taz) – Helmut Schmidt sah am Morgen noch aus wie ein Bilderbuch-Banker, groß, dezent, mit fein duftendem Zigarillo. Zwei Stunden später saß er im Prozeß gegen den ehemaligen Baulöwen Jürgen Schneider vor dem Frankfurter Oberlandesgericht fast auf der Arme-Sünder- Bank. Der Zeuge Schmidt antwortete nur leise auf die Fragen des Gerichts und mußte sich von der Verteidigung eine „etwas unkorrekte Aussage“ vorwerfen lassen.

Das Gericht hatte immer wieder wissen wollen, warum er als einer der Leiter der Kredit- und Hypothekenabteilung der Bau- und Bodenbank nicht mißtrauisch geworden sei, als Schneider seinem 90-Millionen-Kreditantrag für den Leipziger Centralmeßpalast eine gefälschte Rechnung über Restitutionszahlungen, falsche Angaben über die Quadratmeterzahlen vorlegte, nicht aber einen Einkommensteuernachweis über seine Vermögensverhältnisse.

Der Vorsitzende Richter Heinrich Gehrke wollte genau wissen, warum eine Anfrage bei der Wirtschaftsauskunftei Schimmelpfennig keine Beachtung gefunden habe. Die hatte Informationen über jene Firma in Sydney eingeholt, der Schneider angeblich 29 Millionen Mark Restitutionsansprüche auf Grundstück und Gebäude abgegolten hatte. Die Firma jedoch hatte kein Telefon und die drei Gesellschafter jeweils einen Dollar Kapital eingebracht. Ob ihn das nicht stutzig gemacht habe? Schmidt: „Wir haben Dr. Schneider vertraut.“ Gehrke: „Warum eigentlich?“

Schmidt hatte auch zuvor betont, er habe sich 1991 bemüht, Schneider als neuen Kunden zu gewinnen, weil „wir ein sehr hohes Vertrauen in sein Know how und seine Bonität gehabt haben“. Schneider dagegen hatte in der vergangenen Woche ausgesagt, bei diesem ersten Kreditantrag im Juni 1991 davon ausgegangen zu sein, daß der Bankmann die unrichtigen und gefälschten Angaben erkannt habe, mit ihnen aber, zumindest unterschwellig, einverstanden gewesen sei. Noch nie zuvor habe er sein Geld von einer Bank so schnell erhalten.

Die Immobilie Centralmeßpalast, so Schmidt, sei inzwischen im Besitz seiner Bank, der ein Schaden von rund 45 bis 50 Millionen Mark entstanden sei. Personelle Konsequenzen habe das trotz einer Rüge des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen für ihn und seine Kollegen nicht gehabt, „weil wir das gemeinsam zu verantworten hatten“. Heide Platen