Göttliche Verunsicherung

Eine Plakatkampagne beschäftigt die HamburgerInnen: Für wen wirbt Gott? Für sich? Oder gar für die SPD? Aufklärung verspricht  ■ Ralf Streck

Gott macht sich in Hamburg breit. In großen gelben Lettern prangt sein Logo auf rosa oder hellgrünen Plakaten: „Gott“. PassantInnen reagieren erstaunt und geben auf wißbegierige Fragen nach Hintergründen unverzüglich Antwort: „Keine Ahnung“. Eine alte Dame tröstet: „Muß man gar nicht drauf achten. Es steht so viel an der Straße herum.“Gott – zum Wegse-hen? Nein, meint die junge Frau, die bereits zahlreiche Plakate passiert hatte, ohne sie überhaupt zu bemerken: „Sie regen zum Nachdenken an.“Gesagt, getan.

Vielleicht eine Aktion der Kirche? Irmgard Nauk, Pastorin der Altonaer St. Johanniskirche, verneint, ist aber neugierig. „Ich habe mich heute früh auch schon gewundert.“Vielleicht, regt sie an, „stecken da die Schwulen dahinter. Gott auf Plakaten in Rosé“. Beim Bezirksamt Altona stellt sich heraus, daß „Gott“ein „neuer Wilder“sein muß. Eine Genehmigung zur Aufstellung der Tafeln hat er beim Tiefbauamt jedenfalls nicht eingeholt.

Eine genauere Analyse bringt ans Licht, daß die Stelltafeln der SPD gehören. Letzter Hilfeschrei der gequälten sozialdemokratischen Seele? Horst Emmel, SPD-Fraktionssprecher in Altona, winkt ab. „Da hat sich ohne unsere Genehmigung jemand unserer Stellwände bemächtigt.“Erst gestern sei er darauf aufmerksam gemacht geworden. Jetzt hat er die Rückholung veranlaßt.

Carsten Hockema, Pastor der evangelischen Freikirche in Altona, kann schließlich aufklären. „Gott“ist das Appetithäppchen einer dreistufigen Werbekampagne für eine Veranstaltung von Pro-Christ. Weitere Slogans werden folgen. Wenn noch Plakatständer stehen, denn wie heißt es doch gleich? Du sollst nicht begehren deines Nächsten Stelltafel – oder so ähnlich.