Taktvolle Lügen

■ Das we(h)rtheater zeigt Rohmers „Trio in Es-Dur“im Atrium des Studio-Kinos

Er habe jeden Abend panische Angst, daß auf der Bühne irgendeine Katastrophe passiert. Als der französische Filmregisseur Eric Rohmer diese Auskunft zu seiner Rolle als Dramatiker und Theaterregisseur gab, lief gerade sein erstes Stück im Theatre Renaud-Barrault. Heute, knapp zehn Jahre später, bleibt Bernd Sass ziemlich ruhig. Er inszenierte Rohmers Das Trio in Es-Dur mit dem Hamburger we(h)rtheater, und das geht mit ungeplanten Mißgeschicken souverän um. Wenn das geliehene Plastiksofa platzt oder der Klavierhocker zu Bruch geht, spielen Moritz Steffen und Charlotte Crome weiter. Vor dem Klavier kann man schließlich auch knien.

Gegen die inszenierte Katastrophe sind solche Pannen ohnehin mickrig. Das Trio in Es-Dur nennt sich zwar eine Komödie, aber bevor es zum Lachen bringt, läßt es oft Gänsehaut über den Rücken laufen. Es geht um einen verbreiteten Denkfehler: daß vernünftige Menschen Freunde bleiben müssen, auch wenn sie sich nicht mehr lieben. In sieben kurzen Bildern beleuchtet Rohmer die verquere Beziehung zwischen Paul und Adele. Sie besteht aus taktvoll-verklemmten Lügen und einem Haufen peinlicher Mißverständnisse. Sie trennen sich, kommen wieder zusammen, aber ob der zweite Anlauf glückt, bleibt offen. Für bissige Bemerkungen reicht der Mut gerade noch, aber die Katharsis bleibt aus. Diese Komödie verbündet nichts mit niemandem, das Lachen schafft keine Sympathie mit den Figuren. Bernd Sass' Inszenierung ist stellenweise etwas lahm, im Ganzen aber unterhaltsam und angenehm klischeefrei. Im Grunde lebt sie vom mimischen Schauereffekt. Moritz Steffen und Charlotte Crome beherrschen das breit gefrierende, verlogene Lächeln genauso wie den eisenharten, grimmigen Blick. Daß das böse Mienenspiel das Stück tragen kann, liegt aber vor allem am Raum: Im Atrium des Studio-Kinos sitzt das Publikum nahe genug an der Bühne, um alles im Detail mitzukriegen. Theater im Kino? Mehr davon.

Barbora Paluskova

morgen und übermorgen, 20.30 Uhr, Atrium/Studio-Kino, Bernstorffstraße