In Algerien wächst der Druck der Straße

■ Massendemo in Algier gegen Wahlfälschungen. Auch Regierungsparteien machen mit

Algier (taz) – Die Bewegung für die Annullierung der algerischen Kommunal- und Departementswahlen vom 23. Oktober wird immer stärker. Bis zu 100.000 Menschen zogen gestern in Algier zum Sitz der Wilaya (Provinzverwaltung). Zu dem größten Protestmarsch seit dem Militärputsch 1992 hatte ein Bündnis aus sechs Parteien gerufen. Neben der Versammlung für Kultur und Demokratie, die seit dem Bekanntwerden des Ergebnisses vor einer Woche ihre Anhänger immer wieder auf die Straße bringt, beteiligten sich die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS), die trotzkistische Arbeiterpartei (PT) und die gemäßigt islamistische Ennahda. Erstmals nahmen auch die beiden Regierungspartner der National-Demokratischen Versammlung (RND), die ehemalige Einheitspartei FLN und die islamistische „Bewegung für eine Gesellschaft des Friedens“ (MSP-Hamas), an den Protesten teil.

Vielerorts war die Wahlbeteiligung in die Höhe getrieben und das Ergebnis zu Gunsten der RND, die Präsident Liamine Zeroual unterstützt, gefälscht worden. Die Oppositionsparteien haben über 1.100 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten in Wahllokalen eingereicht. Die Klagen reichen von gefälschten Wahlzetteln bis zu Übergriffen auf Oppositionspolitiker seitens der Vertreter von RND und Verwaltung. Unterdessen schwabt die Protestwelle auch auf die Provinz über. In vielen Städten finden tägliche Sit Ins statt. Heute wird sich der Präsident erstmals seit Beginn der Proteste an das Wahlvolk wenden. Reiner Wandler Seite 13 Kommentar