Kurzer Prozeß in Kairo

Ägyptisches Militärgericht verurteilt Islamisten wegen Anschlag auf deutsche Touristen zum Tode. Die Islamisten wollten die „Feinde des Islam“ treffen  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Es war nur noch eine Frage des Strafmaßes – und in einem Land wie Ägypten, wo in den letzten fünf Jahren über 80 Todesurteile gesprochen wurden, eigentlich nicht einmal mehr das. Gestern verurteilte das Kairoer Militärgericht die zwei Hauptangeklagten im Zusammenhang mit dem Anschlag auf einen deutschen Touristenbus im September zum Tod durch den Strang. Bei dem Attentat waren neun deutsche Urlauber und der ägyptische Fahrer ums Leben gekommen. Wegen Beihilfe wurden in dem Verfahren sechs weitere Männer zu einem bis zehn Jahren Haft verurteilt. Sie sollen Waffen und Munition geliefert haben. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.

Ein Mörder wie der zum Tode verurteilte Saber Farahat sei „blutdürstig“ und ihm wohne „der Teufel inne“, ließ der Richter verlauten und zitierte aus dem Koran: „Jener der eine menschliche Seele tötet ... ist wie jener der alle Menschen tötet.“ Die beiden zum Tode verurteilten Brüder Saber und Mahmud Farahat fielen nach dem Urteil auf die Knie und beteten.

Die ägyptischen Behörden hatten ein starkes Interesse, den Fall so schnell wie möglich vom Tisch zu bekommen. Lediglich sechs Wochen nach dem Anschlag, 16 Tage nach Verhandlungsbeginn und nach nur vier Sitzungen machte das Gericht kurzen Prozeß. Zu der ungewöhnlichen Schnelligkeit trugen auch die Geständnisse der beiden Hauptangeklagten bei. Saber Farahat hatte den Prozeß zeitweise in eine Einmann-Show umgewandelt. „Mein Bruder und ich sind Märtyrer des Islam“, hatte er aus seinem Käfig heraus gerufen. Europa, die USA und Israel hätten sich gegen den Islam verschworen. „Wenn wir Ungläubige töten, schützen wir den Islam.“ Er habe so viele Touristen wie möglich töten wollen, um dem ungläubigen Staat seine Einnahmequelle zu entziehen. Im nächsten Atemzug ließ er verlauten, daß er eigentlich Juden treffen wollte, als Rache für eine Plakataktion in der palästinensischen Stadt Hebron, bei der der Prophet Muhammad als Schwein dargestellt worden war.

Bei der gestrigen Urteilsverkündung herrschte fast so etwas wie eine gelassene Atmosphäre. Die beiden Brüder plauderten und lachten miteinander. „Gott sei Dank. Ich gehe wieder dahin zurück wo ich herkomme“, erklärte Saber aufmüpfig. Während der Verhandlung hatte er behauptet, keine Angst vor dem Galgen zu haben, da diese Form der Hinrichtung islamische Tradition sei.

Bis zur Vollstreckung des Urteils müssen mindestens zwei Wochen vergehen. In dieser Zeit muß Präsident Husni Mubarak das Urteil unterschreiben oder entscheiden, Gnade walten zu lassen – falls die Verurteilten ein entsprechendes Gesuch einreichen.

Sabers Mutter zeigte sich wenig beeindruckt vom Schicksal ihres Sohnes. „Ich hoffe, sie schneiden ihn in kleine Stücke, die sie dann verbrennen“, erklärte sie. Die Polizei hatte nach dem Anschlag die Bäckerei – die Existenzgrundlage der Familie – geschlossen.

Wie weit die beiden Brüder in einer der militanten islamistischen Gruppierungen Ägyptens verstrickt waren, bleibt nach dem Prozeß im Dunkeln. Zwar gestand Saber seine ideologische Nähe zu Dschihad, einer der militanten Gruppen. Er leugnete aber jeglich organisatorische Verbindung zu ihr. Bis heute hat sich keine der einschlägigen Gruppierungen, wie sonst üblich, zu dem Anschlag bekannt. Die Gamaa Islamia, die islamischen Gruppen, bezeichneten allerdings vor zwei Wochen in einem Schreiben die beiden Brüder als Mudschahidin – als heilige Krieger – , die sich so verhalten hätten, wie es ihre Religion vorschreibe. „Ich bin glücklich daß unsere Brüder glücklich sind“, lautete Sabers Kommentar.