Mückenplage und Totschlag

■ Ein nordischer Krimiabend im St. Pauli-Clubheim

Im Norden ist gut Morden. Diesem Motto folgt seit geraumer Zeit der Münsteraner Pettersson-Verlag, der den schleppenden Absatz seiner literarischen Produkte aus Nordeuropa durch den Ausbau des Marktsegments „Krimi“zu mildern sucht. Mückenplage und Totschlag also, Saunagänge und Fahndungspannen, Verbrechen oberhalb des Polarkreises. Unter Beihilfe der ambitionierten Krimi-Buchhandlung Heiner K. stehen heute im St.Pauli-Clubheim drei Repräsentanten dieser Gattung, jeweils mit einem frischen Buch unter dem Arm, leibhaftig für uns bereit.

Allen voran eilt der finnische Autor Markku Ropponen, der in seinem Krimi-Debut Ein Mann verschwindet im Regen den töffeligen Polizisten Vesa Kunti durch eine trostlose Wohnsiedlung stolpern läßt. Gefunden wurde eine übel zugerichtete Frauenleiche, gesucht wird der dazugehörige Mörder, was nie einfach ist, wenn das Täterprofil auf jeden zweiten Mann zu passen scheint. Ropponens Markenzeichen: eine gewisse beiläufige Grausamkeit, eine Portion Sozialkritik, getränkt mit sprödem finnischem Humor.

Die norwegische Autorin Pernille Rygg, die nebenher Kulissen für das Fernsehen pinselt und sich in Mußestunden der Chaostheorie widmet, macht es ihrer Heldin namens Igi Heitmann gleichfalls nicht leicht. Wie die Autorin selbst mit dem Beruf der Psychologin ausgestattet, ist sie nicht nur mit einem Lebenspartner geschlagen, der sich aufgrund einer gewissen Identitätskonfusion in Transvestitenbars herumtreibt, sie muß auch noch mit dem plötzlichen Tod ihres Vaters fertig werden, der eben noch ein erfolgloser Privatdetektiv war. Der Schmetterlingsschmuck führt sie und uns somit in das Dickicht der Familiengeheimnisse, wo bekanntlich immer eine Leiche zwischenlagert.

Die Runde komplettieren wird die Isländerin Kristín Marja Baldursdóttir mit Auszügen aus ihrem Krimi-Erstling Möwengelächter, in dem sie den Schauplatz von Leidenschaft plus Verbrechen in ein abgelegenes Dorf an der Küste ihres Landes verortet. Die Männer sind weit draußen auf See, die Frauen regeln den Dorfalltag auf gekonnt-harmonische Art. Was natürgemäß zu Konflikten führt, wenn die Geschlechter wieder aufeinandertreffen.

Drei Gäste also von weit her, drei Leseproben aus einer Region, die man vom Urlaub her als vorwiegend kalt, verregnet und dünn besiedelt in Erinnerung hat. Und damit zwischen den einzelnen Sets für den Gastgeber genug Zeit bleibt, das Wasserglas aufzufüllen, spielt die Band Hank Bullock and the Dead Martins mit gediegenem Jazz auf. Frank Keil

heute, 21 Uhr, St.Pauli-Clubheim, Heiligengeistfeld