Ehre für den Nazi-Bürgermeister

Henstedt-Ulzburg ehrt noch immer zwei Nationalsozialisten: CDU sieht keinen Handlungsbedarf, SPD schweigt, Grüne warten ab  ■ Von Marco Carini

Das Straßenschild spricht für sich. Unter der Namensbezeichnung „Heinrich-Petersen-Straße“ist der Hinweis „Bürgermeister von Ulzburg 1933 – 1945“angebracht. Seit 1968 huldigt die Gemeinde Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) mit dieser Straße ihren ehemaligen NS-Gruppenleiter, der von den Nazis zum Gemeindeoberhaupt gekürt wurde.

Ein „Bündnis gegen die Verdrehung der Geschichte“, dem unter anderem die Jusos und der „Verband der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN)“angehören, fordert jetzt, „diesen Skandal zu beenden“und die Straße in Joseph-Tichy-Straße umzubenennen. Tichy war Häftling im KZ Fuhlsbüttel und wurde im April 1945 ermordet. Fragwürdig erscheint dem Bündnis auch der Name „Krumpeterweg“. Emil Krumpeter, der prominenteste Träger des Namens in der Region, beteiligte sich 1922 am Kapp-Putsch gegen die Weimarer Demokratie.

Doch die heutigen EinwohnerInnen von Henstedt-Ulzburg interessiert das Thema kaum. Am wenigsten Horst Otto, der die CDU-Fraktion in der Gemeinde-Vertretung führt. Er sehe „überhaupt keinen Handlungsbedarf“, bekräftigt der Christdemokrat. Seine Partei werde „von sich aus nicht für eine Umbenennung aktiv werden“und habe sich „zu dieser Frage noch keine Meinung gebildet“.

Das stimmt so nicht. Schon zweimal, 1983 und Anfang der neunziger Jahre, lehnte es die Union ab, die Petersen-Straße umzubenennen. „Die CDU hat argumentiert, daß sich Petersen um die Hamburger Aussiedler verdient gemacht hat, die ihr Obdach verloren hatten und in die Randgemeinden umquartiert wurden“, erinnert sich der heutige Fraktionschef der Grünen, Joachim Bednorz. Dabei zeigt ein Blick in die Gemeinde-Chronik, daß Petersen in Nationalsozialismus mehr als ein Mitläufer war. Der Landwirt gehörte im November 1930 zu den Gründungsmitgliedern der Ulzburger NSDAP-Ortsgruppe, wo er eine Blitzkarriere macht. Am Gründungsabend zum Kassenwart gewählt, stieg er binnen zwei Jahren zum NS-Gruppenleiter auf. 1933 von den Nazis zum Bürgermeister gekürt, bleibt er bis Kriegsende im Amt.

Zudem initierte Petersen 1933 einen Überfall der SS auf das Wohnhaus des damaligen Leiters der AOK-Ortsstelle. Der aufrechte Sozialdemokrat hatte sich standhaft geweigert, der NSDAP beizutreten. Petersen und drei Parteigenossen erklärten ihn deshalb kurzerhand für abgesetzt.

Auch dem Grünen Bednorz sind diese Fakten bekannt. Doch selber aktiv werden will auch er nicht. „Das haben die Jusos angeschoben, und wir wollen nicht Trittbrettfahrer sein“, begründet der Grüne das Schweigen seiner Partei: „Wir hoffen auf einen Vorstoß der SPD.“Der aber läßt auf sich warten.

Sollten SPD und Grüne noch aktiv werden, ist ihnen der Widerstand der CDU erneut gewiß. „Vergangenheitsbewältigung“, weiß ihr 56jähriger Fraktionschef Otto, „ist die Aufgabe unserer Eltern, nicht aber die meiner Generation.“