Mit 28 Knoten durch die Halle

■ Wasser auf die Mühlen der Indoor-Freaks: Für die "Fundole 97" wurde das Velodrom geflutet. Das erste Surfspektakel unter deutschen Dächern zieht Tausende Zuschauer in seinen Bann

Endlich kann man auch in Berlin surfen, sogar bei Windstille. Das funktioniert ganz einfach. Das Velodrom an der Landsberger Allee bekam ein Becken eingesetzt, wurde geflutet, und 30 Turbinen sorgen für eine Windstärke von 28 Knoten. Allerdings dauert der in der Fachsprache als „Fun“ bezeichnete Spaß nur ein Wochenende – und ist auch nur zum Zugucken: Die „Fundole 97“ ist ein richtiges Surfturnier, auf dem die internationale Wellen-und-Wind- Elite mitbrettert.

Starnamen wie Nik Baker und Robby Naish ziehen: Die ganze Veranstaltung ist ein Riesenerfolg. Die zum Aquadrom umgerüstete Radsporthalle war gestern ausverkauft, und auch heute abend wird es wohl rappelvoll werden. „Wir bringen die Surfer zu den Zuschauern“, erklärt stolz Jörg Klopfer, Pressemann des deutschen Promoters Dekra: „Wenn auf dem Meer gesurft wird, sieht man vom Strand aus ja fast nichts.“ Das finden natürlich auch die Guckmedien prima: ARD und Eurosport sitzen mit ihren Kameras in der ersten Reihe vor dem Berliner Wasserbecken, in dem zweieinhalb Millionen Liter Wasser plätschern.

Gestern morgen, während der Qualifikation für die Slalomwettbewerbe, sieht es allerdings noch nicht so aus, als ob Indoor- Surfen die allerbeste Fun-Variante ist: Mit Karacho starten die Athleten von einer Blechrampe, nur um dann bei der ersten Wendung ins Wasser zu klatschen. Und dabei stehen die meisten ziemlich weit oben im Deutschen Surf-Ranking. Andrea Hoeppner, 28jährige Profisurferin, erklärt: „Die meisten von den Deutschen werden sich wohl nicht qualifizieren.“ Indoor funktioniert anders als auf dem Meer. Zum Beispiel machen die Windmaschinen viel mehr Druck, als man draußen hatte – und unsere Surfer konnten da bisher kaum Erfahrungen sammeln.

Die Berliner „Fundole“ – für den merkwürdigen Namen ist Hauptsponsor Dole verantwortlich – ist eine Deutschlandpremiere. Bisher segelte man nur in Frankreich durch die Hallen. Dort veranstaltet seit 1990 der Surffanatiker Fred Beauchêne mit seiner Firma Williwaw solche überdachten Windspektakel. In diesem Jahr zieht er mit seinem Zirkus zum ersten Mal durch Europa: Neben Berlin werden Lyon, Mailand und Madrid gewässert. Die Sportler sind dabei immer die gleichen: „Das ist wie bei den ATP-Turnieren im Tennis. Nur der Untergrund ist ein anderer“, findet Jörg Klopfer.

Insgesamt gibt es im Velodrom 110.000 US-Dollar zu gewinnen. „Natürlich sind wir in erster Linie alle wegen des Geldes dabei“, zuckt Andrea Hoeppner mit den Schultern. Die diesjährige Deutsche Windsurf-Meisterin hat bereits in Lyon und Mailand beim Indoor mitgemacht: „Um ein bißchen zu üben. Schließlich will ich mich zu Hause nicht blamieren.“ Denn irgendwie sieht sie sich als Surfmissionarin und will den meerlosen Städtern im Velodrom zeigen, was man so Tolles auf dem Wasser machen kann. Das ist eigentlich okay. Denn immerhin wird in der High-Tech-Halle an der Landsberger Allee endlich eine urbane Utopie wahr. Ein paar braungebrannte Surfer mit Strähnchen in den Haaren führen den Beweis: Unter dem Pflaster liegt der Strand. Kolja Mensing