Ende der Berührungsängste

■ Von Walfisch bis Panda: Mit Öko-Sponsoring hält's jede Umweltorganisation anders. Geschäfte mit der Industrie bringen Geld in die Kassen. Ökologisch bedenkliche Firmen bleiben außen vor, andere profitieren vom Im

Vom sauberen Greenpeace- Image zu profitieren – das könnte vielen Unternehmen so passen. Doch jeder Versuch ist zwecklos: Die Regenbogenkämpfer sind für Sponsoring nicht zu haben. Andere Umweltorganisationen dagegen schon: Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund und auch der WWF kooperieren inzwischen mächtig mit der Industrie, geben zum Teil gar ihr Logo für die Werbung her und lassen sich dafür entsprechend bezahlen. Natürlich, so ist stets zu hören, würden dabei strenge Kriterien angelegt, Öko-Schweine hätten beim Öko-Sponsoring keine Chance.

Am strengsten geht der BUND vor. Ausgeschlossen von Kooperationen sind alle ökologisch verwerflichen Branchen: Wer Rüstungsgüter, Atomtechnik oder Autos produziert, wer mit Chemie, Tabakprodukten, Tropenholz, Flugreisen oder genmanipulierten Organismen sein Geld verdient, der werde nie und nimmer den BUND als Partner bekommen. Zudem gebe es hier das klassische Öko-Sponsoring nicht: „Logo gegen Geld, das machen wir nicht“, sagt die für Firmenkooperationen zuständige Mitarbeiterin Verena Müller. Partner könne nur werden, wer das Know-how des Verbandes in Anspruch nehmen und seinen Betrieb mit Hilfe des BUND ökologisch voranbringen wolle.

Das macht zum Beispiel das Kaufhaus Hertie. Mit Hilfe des BUND wurden pestizidhaltige Präparate aus dem Sortiment entfernt, PVC-Produkte für das Büro von den Listen gestrichen, außerdem scharfe Putz- und Reinigungsmittel rausgeschmissen. Petra Müller: „Wir machen eine spezielle Form der Unternehmensberatung.“ Die Gefahr, von der Industrie abhängig zu werden, sieht sie nicht: „Personalkosten werden prinzipiell nicht durch Kooperationen gedeckt.“ Damit sei sichergestellt, daß der Verband nicht irgendwann auf unterstützende Firmen angewiesen sei.

Auch beim Naturschutzbund Deutschland (NABU) versichert Pressesprecher Michael Schroeren, daß man nicht mit jedem Unternehmen kooperiere. Hersteller von PVC oder Autos stünden auf dem Index. Zwei Firmen sind derzeit beim NABU unter Vertrag: Tengelmann und die Michael- Otto-Stiftung des gleichnamigen Versandhauschefs. Diese Kooperationen bringen zuerst einmal Geld: 100.000 Mark jährlich zum Beispiel von Tengelmann. Die Firmen nutzen dafür das NABU- Logo – und das war's dann auch. „Die Kooperationen“, sagt Schroeren, „sind nicht an bestimmte Erwartungen geknüpft.“ Die einzelnen Produkte eines Unternehmens ökologisch zu bewerten, dazu sei man „nicht in der Lage“.

Am wenigsten befangen schließlich geht der World Wide Fund For Nature (WWF) mit der Industrie um. Eine eigens eingerichtete Marketing-Tochter des WWF, die Panda-Fördergesellschaft, kümmert sich um die Sponsoren. Die Auswahlkriterien sind lax: Das Unternehmen muß lediglich „eine im Verhältnis zu Wettbewerbern seiner Branche umweltverträgliche Strategie“ vertreten. Entsprechend breit gestreut sind die Lizenznehmer, die mit dem herzigen Panda-Logo des WWF werben dürfen: Eine Autofirma, eine Großbank, ein Pharmaunternehmen, Textilhersteller und Reiseveranstalter sind darunter. Die Unternehmen zahlten dem WWF im vergangenen Jahr insgesamt 2,6 Millionen Mark und profitierten – so freut sich der WWF mit ihnen – vom „Imagetransfer“. Bleibt die Frage, ob nicht eines Tages auch das Schmuddel-Image einer Firma auf den WWF zurückschlagen kann. Doch das ist bei der Umweltorganisation kein vorrangiges Thema.

Anders beim BUND, wo die Firmenkooperationen wiederholt für interne Auseinandersetzungen sorgten. Auch ist der BUND die einzige Organisation, die selbstkritisch die Probleme der Kooperationen öffentlich darlegt. So sei die Zusammenarbeit mit Hertie nicht unproblematisch, weil die Unterstützung eines Großunternehmens mit der BUND-Forderung nach Regionalisierung kollidiere oder weil die Produktvielfalt eines Warenhauses eine vollständige Ökologisierung nicht zulasse. Auch andere Partner des BUND sind nicht frei von Problemen: Tupperware fehle das Umweltprofil, Alpirsbacher sei bedenklich, weil es sich dabei um einen Produzenten von alkoholischen Getränken handele, der Body-Shop nutze Konservierungsmittel, die „zum Teil nicht unproblematisch“ seien. Dennoch ging der BUND alle diese Kooperationen ein, weil die ökologischen Chancen größer waren als die Risiken. Einige andere Projekte aber wurden nicht realisiert: Aral, Bosch und die Commerzbank hatten mit dem BUND Kontakt, doch eine Zusammenarbeit kam nicht zustande.

Die wohl spektakulärste und vermutlich medienwirksamste Kooperation einer Umweltorganisation mit der Industrie ging der BUND im September 1994 mit 16 namhaften Unternehmen ein. Gemeinsam forderten die Partner, darunter AEG, Otto, Body-Shop, Sedus und Steilmann, eine ökologische Steuerreform. Es macht Sinn, daß ein Umweltverband wie Greenpeace beispielsweise auf jegliche Industriekooperation verzichtet. Manche Umweltprobleme sind nur durch Konfrontation lösbar. Weil andere Umweltprobleme nur durch Kooperationen zu entschärfen sind, brauchen wir parallel aber auch die Industrie- Allianzen des BUND, des NABU und des WWF. Jeder mit einer unterschiedlichen Strategie – das ist die Arbeitsteilung der Umweltorganisationen. Bernward Janzing