■ Selbstblockade: Haushaltssperre und Rentenbeitragserhöhung
: Nichts Neues aus Bonn

Die Bundesregierung erhöht den Rentenbeitrag auf einen Rekordstand, genehmigt sich einen Nachtragshaushalt in der Rekordhöhe von 17 Milliarden Mark, muß dennoch gleich zwei Haushaltssperren in einem Jahr verhängen, und die Opposition ist schuld. Das meinen jedenfalls die Koalitionspolitiker.

Ständig ist von Blockade die Rede, wenn eigentlich gestaltet werden soll. Die Koalition fördert den fatalen Eindruck, Politik sei ein fruchtloses Geschäft, in dem es vor allem um Schuldzuweisungen geht. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein Spielehersteller ein malefizähnliches Spiel mit dem Namen „Politik“ auf den Markt bringt. Es stimmt zwar, daß die SPD die Steuerreform verhindert hat, und wenn sie der Erhöhung der Mehrwertsteuer zustimmen würde, könnte der Rentenbeitrag bleiben, wie er ist. Aber ist ihr daraus ein Vorwurf zu machen? Die neuerliche Haushaltssperre, die eine Milliarde Mark einbringen soll, zeigt, wie absurd eine Steuerreform mit einer Nettoentlastung in Höhe von 30 Milliarden Mark wäre. Oder soll diese Summe auch durch Bleistifte und Radiergummis eingespart werden? Eine Nettoentlastung würde zwar mittelfristig die Wirtschaft ankurbeln und für eine gewisse Selbstfinanzierung sorgen, an der jetzigen Misere könnte sie aber nichts ändern.

Es mag scheinheilig wirken, wenn die SPD die Mehrwertsteuererhöhung verweigert, obwohl sie selbst dafür plädiert, Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer zu erhöhen, um die Lohnnebenkosten zu senken. Die Betonung liegt aber auf dem Wort „und“. Schon dabei handelt es sich um einen Kompromißvorschlag der SPD, den die Koalition bisher hat vermissen lassen.

Es ist ja nicht so, daß die Regierung nicht handeln könnte. CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble hat das mit seinem nur „persönlichen“ Vorschlag, Mehrwertsteuer und Mineralölsteuer zu erhöhen, bewiesen. Und Bundesarbeitsminister Norbert Blüm macht zwar zu Recht die Flucht in die sozialversicherungsfreien 610-Mark-Jobs für die Ausfälle in der Rentenkasse verantwortlich. Aber wer hat die Regierung in den letzten Jahren daran gehindert, diese Jobs zu reduzieren, wie es die SPD schon seit langem fordert?

Für die Regierung wird es immer schwerer, die Bürger glauben zu machen, sie sei ohne die Opposition handlungsfähig. Die überfällige Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ist nur ein weiterer Beispiel dafür, daß die Koalition kaum eine Gelegenheit ausläßt, sich selbst zu blockieren. Markus Franz