Ein Gärtchen guter Absichten

Das von der Bundesregierung angeschobene Regenwald-Schutzprogramm ist zwar grundsätzlich richtig, stärkt aber zu sehr die Bürokratie in Brasilien  ■ Aus Rio de Janeiro Patricia Sholl

Gott sei Dank war in der Amazonasmetropole Manaus die Luft zum Konferenzstart wieder rein – nur zwei Wochen zuvor waberten Rauchschwaden wie in Städten Malaysias und Indonesiens durch die Straßen. Dies hätte schlecht zur bombastischen Ankündigung des größten lateinamerikanischen Waldschutzgebietes namens „Amaná“ gepaßt, das theoretisch ab sofort nicht weniger als 2,3 Millionen Hektar umfaßt.

Brasiliens Mitte-Rechts-Regierung wußte, daß die Finanziers des Pilotprogramms ebenso wie die beteiligten NGOs diesmal skeptischer und mißtrauischer als je zuvor anreisten, und wollte deshalb ein positives Zeichen setzen. Die Regierungsvertreter der G-7-Staaten dürften jedoch inzwischen wissen, was von solchen Ankündigungen zu halten ist – der prekäre Zustand der brasilianischen Naturschutzzonen wird fast täglich von den Medien des Landes angeprangert. Die Gouverneure des riesigen Teilstaates Amazonas und des Nachbarstaates Acre gelten als Symbolfiguren für Umweltvernichtung, Korruption und schwerste Menschenrechtsverletzungen.

Anfragen der taz bei der G-7-Gruppe und den NGOs ergaben, daß auf der Manaus-Konferenz ein konstruktiver Dialog möglich war; das vor rund sechs Jahren auf Initiative Bonns gestartete Regenwald-Schutzprogramm wird durchweg auch von WWF, Greenpeace und den über 300 regierungsunabhängigen Organisationen der Amazonasregion grundsätzlich als wichtig und positiv bewertet. Doch dann beginnt schon Kritik – von den G-7-Vertretern diplomatisch-höflich, von den NGOs heftig und direkt vorgebracht.

Unvereinbar mit den Programmzielen sei, daß Brasilia dieses Jahr mindestens 28 Prozent mehr Brandrodungen als 1996 zugelassen habe – schon auf der letztjährigen Konferenz in Bonn hatte Entwicklungshilfeminister Spranger von einer „alarmierenden“ Zunahme gesprochen. Der Erfolg müsse an der Waldvernichtungsrate gemessen werden, meinte WWF-Experte Robert Buschbacher, „hübsche kleine effiziente Projekte allein“ nützten nichts.

1,5 Milliarden Dollar sollten ursprünglich in das Programm fließen, schließlich wurden es aber nur 250 Millionen, von denen über die Hälfte aus Bonn kam. Nur ganze 17 Prozent wurden laut Buschbacher bislang wirklich in Projekte zur nachhaltigen Entwicklung, Tropenwaldforschung oder zur Markierung von Indianerreservaten investiert. Hauptschwachpunkt: Das Pilotprogramm funktioniert isoliert von den Wirtschaftsaktivitäten Amazoniens, den zerstörerischen Infrastrukturmaßnahmen. Es droht daher zum „abgeschiedenen Gärtchen guter Absichten“ zu werden, wie es NGO-Sprecher Roberto Smeraldi ausdrückte. Immer noch sei es viel einfacher, eine Abholzlizenz zu bekommen, als bürokratische Hürden zwecks Einrichtung einer Zone zur nachhaltigen Waldnutzung zu überwinden.

Brasilia stimuliere weiterhin die Amazonasvernichtung direkt: Am Rio Tapajos war eine große, fast unberührte Waldregion als Projektgebiet vorgesehen – die Regierung gab sie zur Abholzung frei. Die Umweltverbände wollen nun den Kahlschlag per Justiz verhindern. WWF-Kommentar: Kein anderes Land verliert soviel Vegetation durch Raubbau, Abholzung und Rodungsfeuer. Und Greenpeace São Paulo moniert, die deutsche Regierung stärke auch noch die hiesige Bürokratie, indem Projektkonsultationen unvertretbar in die Länge gezogen würden, Gelder für genehmigte Projekte schließlich nicht kämen. Die Geberländer räumen ein, weder Brasilia noch die Gouverneure Amazoniens zu irgend was zwingen zu können. Das Umweltministerium und die Ökobehörde Ibama büßen zunehmend an Prestige ein. Bonn zeigte sich indessen erneut generös, sagte in Manaus weitere 62 Millionen Mark für laufende und neue Vorhaben zu. Aus der G-7-Gruppe war zu hören: „Die mit NGO geführten Projekte laufen am besten, das sollte der brasilianischen Regierung zu denken geben.“