„Granach der Jüngere“von Anke Apelt

Melancholisch blickt der kleine Gad von der Leinwand. Vorsichtig lehnt er seinen zierlichen Kopf an den seines Vaters. So nah beide sich auf der alten Fotografie, mit der die Dokumentation über Gad Granach beginnt, auch sein mögen, tatsächlich sollten sich ihre Leben nur in wenigen Punkten berühren. Gad alias Gerhard ist der Sohn des deutsch-jüdischen Schauspielers Alexander Granach, der zwischen 1920 und 1945 weltweite Anerkennung fand. Er spielte an der Seite von Fritz Kortner, Gustav Gründgens und Greta Garbo, galt bald als eine Ikone des frühen deutschen Films.

Ursprünglich sollte Anke Apelt im Auftrag von XenonFilm dem berühmten Mimen ein Denkmal setzen. Bei den Recherchen in Jerusalem lernten sie dann Gad Granach kennen. Daraus entstand die Idee, über den vergessenen Sohn einen eigenständigen Film zu machen. Granach der Jüngere hat inzwischen über 80 Jahre auf dem Buckel. Vor laufender Kamera beweist er wunderbare erzählerische Qualitäten. Unverfroren kommentiert er die Filme des Vaters. Daß Vater Alexander seinen Sohn damals in Berlin zum Fotografen ausbilden ließ, statt ihm zur Schauspielerei zu verhelfen, das nimmt Gad ihm bis heute übel. Und das war es auch schon mit der ganzen Berühmter-Vater-verkannter-Sohn-Geschichte. Heute genießt Gad es, die Stätten seiner Jugend wiederzusehen: Berlin und Hamburg. 1936 emigrierte er nach Palästina und ist seitdem nicht mehr in Deutschland gewesen. Die ersten Jahre in Israel verbrachte er in einem Kibbuz. Auch dorthin begleitet ihn das Kamerateam und fixiert Begegnungen zwischen Menschen, die sich seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen haben.

Filmhistorische und politische Reflextionen neben mikroskopischen Einblicken in Alltägliches bilden ein feines Gewebe aus einer einzelnen jüdischen Biographie und globaler Zeitgeschichte. Die Regisseurin setzt ihre Videokamera behutsam und zurückhaltend ein. Verwischte Bilder, wenig Licht. Immer wieder fängt Apelt in geduldigen Einstellungen die Aura des Privaten ein, ohne sie zu zerstören.

Joachim Dicks

nur heute, 17 Uhr, und Donnerstag, 21.15 Uhr, Metropolis