Stadtwerke-Einkäufer spielen Lopez

■ Städtischer Energieversorger setzt kleinen Baufirmen die Pistole auf die Brust: Arbeitet 15 Prozent billiger, oder es gibt keine Aufträge mehr / Unternehmer geben Druck an Arbeiter weiter

Die Stadtwerke Bremen sparen Kosten – und die Zeche zahlen inländische Bauarbeiter, denen Lohnkürzung oder Arbeitslosigkeit droht. Der Energieversorger hat den Auftragnehmern aus der Tiefbau-Branche die Pistole auf die Brust gesetzt: Ab dem 1. Oktober bekommen die mittelständischen Baufirmen 15 Prozent weniger Geld, wenn sie für die Stadtwerke beispielsweise Gas- oder Fernwärmeleitungen verlegen. Wer nicht mitmacht, bekommt keinen Auftrag mehr.

Den Firmen blieb keine Wahl. Die Umsätze im Tiefbau sind im vergangenen Jahr laut Bauindustrieverband um ein Drittel zurückgegangen und im Rohrleitungsbau haben die Stadtwerke in Bremen das Monopol. „Das geht an die Substanz“, sagt ein Bauunternehmer, der nicht genannt werden möchte. Die Gewinnspanne habe zuvor „niemals 15 Prozent“betragen. Nun müsse man mit den Mitarbeitern reden, um zum Beispiel das Weihnachtsgeld zu reduzieren.

„Holt euch doch Polen oder Portugiesen zum Mindestlohn“, habe der Stadtwerke-Vertreter den Firmenchefs in den Verhandlungen geraten, berichten Teilnehmer übereinstimmend. Für ein mehrheitlich stadteigenes Unternehmen sei das „schon ein starkes Stück,“, empört sich ein Bauunternehmer. Ob er langfristig weiter „mit unseren jetzigen Fachkräften“Stadtwerke-Aufträge annehmen könne, bezweifelt der Firmenchef. Insgesamt sind nach Schätzungen aus der Branche 200 Arbeiter hauptsächlich für die Stadtwerke tätig. Schon heute sind mehr als 2.000 Bauarbeiter in Bremen arbeitslos. Acht Bremer Baufirmen haben mit den Stadtwerken feste Verträge und übernehmen die kleineren Aufträge. Das Volumen beziffert ein Stadtwerke-Sprecher auf zehn bis 15 Millionen Mark pro Jahr.

Nach der 15prozentigen Preisreduzierung soll eine Mann-Stunde nach Angaben der Gewerkschaft IG Bau nur noch mit 52,90 Mark berechnet werden. Damit könne man aber den Ecklohn für Facharbeiter nicht mehr bezahlen, sagt IG-Bau Sekretär Matthias Hartwich. Der liege pro Stunde bei 25,26 Mark brutto. Hinzu kämen 103 Prozent Lohnnebenkosten. Sämtliche weitere Kosten würden folglich durch das Stadtwerke-Entgeld nicht gedeckt.

„Preise sind eben nicht nur an den Kosten, sondern auch am Markt orientiert“, sagt der Leiter der Materialwirtschaft bei den Stadtwerken, Bernd Gabriel. Die Baufirmen hätten angefangen, sich gegenseitig zu unterbieten. In Stuhr und Weyhe seien Firmen mit ihren Forderungen um bis zu 21 Prozent unter dem vertraglich vereinbarten Preis geblieben. Weil die Stadtwerke nicht „an einem Wildwuchs interessiert“seien, hätten sie auch in Bremen um einen einheitlichen – niedrigeren – Preis nachgesucht.

Die Kürzung setze sich aus drei Faktoren zusammen: Erstens könnten die Stadtwerke mit ihrem neuen Computersystem das Schreiben der Rechnungen selber übernehmen. Zweitens sei das Verzeichnis der geforderten Leistungen überarbeitet worden. Und drittens habe man festgestellt, daß auf den Stadtwerke-Baustellen keineswegs nur westdeutsche Beschäftigte zu Ecklöhnen, sondern auch billigere ausländische und ostdeutsche Bauarbeiter tätig gewesen seien. Die IG Bau bestätigt, daß die Baufirmen keineswegs nur deutsche Facharbeiter engagiert haben. Nun sei der Druck der Stadtwerke eine willkommende Ausrede für die Unternehmer, weitere Billigarbeiter anzuheuern. Joachim Fahrun