Korruption und Vetternwirtschaft

■ Der IWF ist keine kostenlose Feuerwehr. Die indonesische Regierung ist gezwungen, ein strenges Sparprogramm durchzusetzen

Für Tommy Suharto ist der Duft des Geldes ganz besonders angenehm: Es riecht nach Gewürznelken. Denn der Sohn des indonesischen Präsidenten besitzt das Handelsmonopol für dieses Produkt. Jeder Sack Nelken, der in Indonesien verkauft wird, füllt Tommys Taschen ein bißchen mehr. Daran wird sich auch in naher Zukunft nichts ändern. Obwohl die Politiker in Jakarta als Gegenleistung für einen Riesenkredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf Privilegien und Vetternwirtschaft verzichten sollen, bleibt Tommys Monopol auf wundersame Weise verschont.

Insgesamt 33 Milliarden Dollar sollen Indonesien vor der Pleite retten. Davon bringen IWF, Weltbank, die Asiatische Entwicklungsbank und einige Regierungen 23 Milliarden auf. Japan und Singapur wollen dem südostasiatischen Inselreich, das wie die meisten Staaten der Region unter schweren Währungs- und Aktienstürzen leidet, je fünf Milliarden Dollar dazugeben. Der Preis: Die indonesische Regierung muß im korrupten Finanzsystem aufräumen und ein strenges Sparprogramm durchsetzen. Als erste Maßnahme kündigte Finanzminister Mar'ie Muhammad an, 16 der 240 Banken des Landes zu schließen. Diese Institute seien so marode, erklärte der Minister, „daß sie die Kontinuität des Geschäftslebens gefährden, das gesamte Bankensystem stören und den Interessen der Gesellschaft schaden“. Aus Furcht vor einem Sturm auf die Banken versprach die Regierung allen Kleinsparern, Einlagen bis zu 5.700 Dollar zu erstatten. Zur Sicherheit zogen bereits Polizisten vor den Geldhäusern auf.

Mehrere der betroffenen Banken gehören Geschäftsleuten und Politikern mit engen Verbindungen zur Familie des Präsidenten, die es in den 32 Jahren Suharto- Herrschaft zu einem Milliarden- Vermögen gebracht hat. Die jetzt geschlossene „Bank Jakarta“ zum Beispiel gehört dem Halbbruder des Staatschefs, an der „Bank Andromeda“ ist Sohn Bambang beteiligt, und Tochter Titik muß um ihr Geld in der „Bank Industri“ fürchten. Als weitere Schritte kündigte die Regierung an, sie werde unter anderem ab Anfang nächsten Jahres die Handelsmonopole für mehrere Nahrungsmittel auflösen. Weizen, Sojabohnen und Knoblauch gehören dazu. Reis und eben Nelken bleiben allerdings ausgenommen.

Die ersten Reaktionen auf das Sparprogramm waren skeptisch. Denn erhalten bleiben viele teure Projekte und Privilegien: Das aufwendige Flugzeugbau-Programm von Technologie-Minister B. J. Habibie zum Beispiel. Die Regierung verspielte auch die Chance, das umstrittene „nationale Auto“ fallen zu lassen, das in Südkorea gebaut und billig in Indonesien verkauft wird, da die Regierung kaum Zölle erhebt. Dieses Auto wurde in Indonesien ebenso wie im Ausland zum Symbol der hemmungslosen Vetternwirtschaft und Korruption in Indonesien: Denn Suharto hatte die Konzession dafür seinem geliebten Sohn geschenkt, der keine Ahnung vom Autobau hat. Die Banken mußten das Projekt bereits mit riesigen Krediten über Wasser halten. Ausländische Autokonzerne haben sich bei der Welthandelsorganisation WTO über das Vorhaben beschwert. Tommy hat am Wochenende seinen Managerjob verloren, behält bei der Firma aber seine finanziellen Anteile. Doch die Krise trifft längst die Armen.

Um zu verhindern, daß Spekulanten Kredite aufnehmen, schraubte die Zentralbank die Zinsen immer höher. Folge: Auch normale Geschäftsleute konnten nicht mehr an Geld kommen, um zu investieren. Wie in Thailand stehen auch in Indonesien immer mehr Baustellen still, gehen immer mehr Firmen pleite. Jetzt werden zusätzlich Tausende Bankangestellte ihre Arbeit los. Nach Ansicht des indonesischen Ökonomen Panangian Simanungkalit können eine Million geplante Wohnungen nicht fertig gebaut werden. 150.000 Beschäftigte von Baufirmen sollen in Jakarta bereits entlassen worden sein. Zur Wirtschaftskrise kommen die Konsequenzen der Waldbrände und der schlimmsten Dürre seit 50 Jahren. Die Preise steigen. In einigen Provinzen, wie Kalimantan auf der Insel Borneo, sind Reis und Speiseöl um 40 Prozent teurer als im vergangenen Jahr. Viele Indonesier befürchten, daß die Misere in den kommenden Monaten zu neuen Unruhen führen könnte. Jutta Lietsch, Bangkok