Sieben Friesen gegen Kiel

„Provinzpossenhaft“: Amrumer Kommunalpolitiker und Schleswig-Holsteins Landesregierung streiten sich um einen Pfennig  ■ Von Rüdiger Ewald

In Norddorf auf der Insel Amrum war es schon immer so: Die sieben Gemeindevertreter des kleinen Dorfes nahmen ihr ehrenamtliches Engagement ohne einen Pfennig Entschädigung wahr. Doch dann trat eine Verordnung in Kraft mit dem wohlklingenden Namen: „Landesverordnung über die Entschädigung in den Gemeinden, Kreisen und Ämtern tätigen Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamten und ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürger, kurz EntschVO“. Und die sieht vor, daß Kommunalpolitiker eine Aufwandsentschädigung annehmen müssen – zur Not auch gegen ihren Willen.

Die sieben Gemeindevertreter reagierten friesisch herb: Weil sie auch weiterhin ohne Sitzungsgeld die Geschicke Norddorfs lenken wollen, entschieden sie einstimmig, sich pro Person nur einen Pfennig Sitzungsgeld pro Monat zu gewähren. Anschließend legten sie ihre Ein-Pfennig-Verordnung der Aufsichtsbehörde, dem Kreis Nordfriesland, vor. Diese wollte sich nicht festlegen und schaltete zur Überprüfung der ganzen Angelegenheit die übergeordnete Behörde, das Innenministerium in Kiel, ein.

Hier stieß der Pfennig-Willen der Norddorfer jedoch auf wenig Gegenliebe. Ein Mindestsatz von fünf Mark sei die „unterste Grenze der Angemessenheit“, hieß es. Das Geld müsse doch wenigstens für ein Kännchen Kaffee reichen. Der Kreis lehnte folglich die Norddorfer Entschädigungsordnung ab. Sieben Amrumer legten empört Widerspruch beim Landrat des Kreises ein und kündigten an, nach einer erneuten Ablehnung zur Klärung vor das Verwaltungsgericht ziehen zu wollen.

Obwohl sich der Streit nun zu einem teuren juristischen Verfahren wegen einiger Pfennige zu entwickeln droht, bleibt Kiel hart. Von der Provinz will man sich nicht in die Knie zwingen lassen. So schließt etwa Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) nicht aus, daß die Nordfriesen die Gesetzesregelung mit ihrem Beschluß ad absurdum führen wollen. „Möglicherweise wollen sie zeigen, daß sie sich vom Gesetzgeber nichts vorschreiben lassen.“Ein Pfennig sei nun wirklich keine angemessene Entschädigung, „ein Pfennig ist Hohn und Spott“. Er sei sicher, daß auch das Verwaltungsgericht so entscheiden werde.

Zugleich räumte Wienholtz ein, daß das Verfahren „wahnsinnig provinzpossenhaft klingt“. Deshalb appellierte er an die Gemeindevertreter, doch getreu dem Gesetzeswortlaut ein angemessenes Sitzungsgeld von sieben, acht oder zehn Mark zu beschließen. Anschließend könnten sie ja sagen, „wir nehmen das nicht in Anspruch, das spenden wir für was Gemeinnütziges.“Sonst seien die Friesen doch auch clever genug, um auf solche Ideen zu kommen.