Fusion treibt die Börsenkurse hoch

Der angekündigte Zusammenschluß von Thyssen und Krupp steigert Aktienwert. Betriebsrat verlangt den verbindlichen Ausschluß von Kündigungen. Insgesamt 2.000 Arbeitsplätze sollen wegfallen  ■ Aus Düsseldorf Walter Jakobs

Die Reaktion an der Frankfurter Börse kam prompt. Die Tore waren gestern kaum geöffnet, da gingen die schon in den vergangenen Tagen angezogenen Kurse von Krupp und Thyssen weiter nach oben. Von der am Abend zuvor angekündigten Fusion erwarten die Börsianer offenbar einiges. Gestern lagen die Kursgewinne bei fünf Prozent für Thyssen und vier Prozent für Krupp.

Die Elefantenhochzeit beschäftigt inzwischen das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel. Wegen der überdurchschnittlichen Kursgewinne der vergangenen Tage liegt der Verdacht auf Insidergeschäfte nahe. Deshalb erwägen die Kontrolleure die Einleitung einer Routineüberprüfung.

Unterdessen hat der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Thyssen- Krupp-Stahl-AG, Willy Segerat, von den bisherigen Konzernherren Gerhard Cromme (Krupp) und Dieter Vogel (Thyssen) den verbindlichen „Ausschluß von betriebsbedingten Kündigungen“ gefordert. Die Erklärung, die nach einem Gespräch der Konzernchefs mit dem nordrhein-westfälischen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, den Konzernbetriebsratsvorsitzenden und dem Chef der IG Metall NRW, Harald Schartau, Dienstag abend veröffentlicht wurde, reicht Segerat nicht. Wörtlich heißt es, alle Gesprächspartner seien „sich einig, daß es grundsätzlich keine aus der Fusion resultierenden Kündigungen geben wird“. Bis Ende November werde darüber „eine abschließende Vereinbarung getroffen“.

Unternehmenssprecher von Thyssen und Krupp bestätigten gestern, daß durch die Fusion weltweit etwa 2.000 Jobs in dem neu geschaffenen Industriegiganten – Umsatz: 62 Milliarden Mark, Beschäftigte: weit über 180.000 – wegfallen. Welche Standorte es trifft, blieb gestern weiter offen. Sicher ist aber, daß die IG Metall und die Betriebsräte den Arbeitsplatzabbau nur mittragen werden, wenn sichergestellt ist, daß der Prozeß über Frühverrentungen und Umschulungen abgewickelt wird. Traditionell läuft der Jobabbau in der Montanindustrie nach diesem „sozialverträglichen“ Modell.

Auch die seit dem 1. September vollzogene Fusion der beiden Stahlgesellschaften von Krupp und Thyssen – mit der ein Abbau von 6.300 Stellen verbunden ist – geht ohne betriebsbedingte Kündigungen über die Bühne. Daß eine vergleichbare Regelung jetzt für die 2.000 überzähligen Konzernmitarbeiter nicht zustande kommt, ist deshalb so gut wie ausgeschlossen.

Unklar ist, ob die Forderung der IG Metall, im fusionierten Konzern die in der Stahl- und Kohlebranche übliche Montanmitbestimmung einzuführen, realisiert wird. Am Dienstag wurden dazu zwischen allen Beteiligten Gespräche vereinbart, „mit dem Ziel, kurzfristig zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen“. Zur Zeit unterliegt nur der Thyssen- Konzern der Montanmitbestimmung, die den Arbeitnehmern wesentlich mehr Mitbestimmungsrechte einräumt als in anderen Branchen üblich.