Von Post, Posten und Pöstchen

■ Die Nachfolgebehörde des Bonner Postministeriums droht zum Selbstbedienungsladen für Spitzenbeamte zu werden

Bonn (taz) – Vor allem um Posten und Pöstchen geht es in der deutschen Postpolitik – und bei der Auflösung des Postministeriums. Nichts verdeutlicht dies besser als der Streit um die Regulierungsbehörde, die nach der Auflösung des Ministeriums für einen fairen Wettbewerb im Telekommunikations- und Postmarkt sorgen soll. Die Liberalen drohen daher jetzt im Haushaltsausschuß, bei der Verabschiedung des entsprechenden Etats der Regierung die Gefolgschaft zu versagen.

Nicht nur die Liberalen meinen, daß die Gehälter der leitenden Angestellten dieser Regulierungsbehörde kräftig „überreguliert“ wurden. Der Präsident der Behörde, die mit 2.800 Mitarbeitern weitaus personalintensiver ist als das Ministerium, das sie ablöst, soll etwa 350.000 Mark im Jahr bekommen. Ein Gehalt, das laut Bundesrechnungshof für die Führung einer Bundesbehörde „ohne Beispiel“ ist. Jürgen Koppelin, für die FDP im Haushaltsausschuß, ist sich jedoch sicher, daß die Koalition sich wohl noch vor der Abstimmung auf eine Anpassung der Löhne an die üblichen Spitzengehälter bei Bundesbehörden einigen kann.

Die SPD ist dagegen bei den Gehältern der obersten Regulierer mit Postminister Wolfgang Bötsch (CSU) einer Meinung. Etwa weil der SPD-Abgeordnete Arne Börnsen Vizepräsident der Behörde wird? Manuel Kiper, Postexperte der Fraktion der Grünen, meint, daß da jemandem „ein goldenes Bett bereitet“ werde.

Der postpolitische Sprecher der CDU, Elmar Müller, verteidigt die hohen Gehälter mit dem Argument, die Regulierungsbehörde brauche Fachleute aus der Wirtschaft. Die Löhne müßten sich daher an denen in der Privatwirtschaft orientieren. Kiper findet dieses Argument „witzig“. Die Präsidentenriege komme schließlich gar nicht aus der Wirtschaft. Der zukünftige Präsident Klaus- Dieter Scheuerle wechselt aus dem Postministerium. Volker Schlegel, der neben SPD-Mann Börnsen Vizepräsident wird, kommt aus dem diplomatischen Dienst.

Außer bei den Gehältern der Behördenspitze gibt es erstaunlich wenig Streit um die Regulierungsbehörde. Dabei sollen nach dem Haushaltsentwurf 1998 sogar 36 Millionen Mark mehr für Post- und Telekommunikation ausgegeben werden als in diesem Jahr. Und das, obwohl das Postministerium aufgelöst wird. Parteiübergreifend herrscht die Einsicht vor, die Mehrausgaben ließen sich durch dringend notwendige Investitionen begründen, die das Postministerium in den vergangenen Jahren zurückgestellt habe. Das seien immerhin 900 Millionen Mark gewesen, meint der Grünen-Postexperte Kiper.

Zudem gibt es in den ersten Jahren der Marktöffnung viel Regulierungsbedarf. Rund 280 Mitarbeiter der Regulierungsbehörde sind überwiegend dafür da, im Telekommunikationsmarkt einzugreifen, wenn es zwischen der Telekom AG als bisherigem Monopolisten und anderen Anbietern Streitigkeiten gibt – zum Beispiel über die entscheidenden letzten Meter Telefonkabel, die in die einzelnen Haushalte führen und bundesweit der Telekom gehören. Ohne eine Mitbenutzung dieser Ortsnetze hätte kein Anbieter eine Marktchance. Wenn die Telekom dafür zu hohe Preise verlangt, schreiten die Regulierer ein. Im Postbereich vergibt die Behörde Lizenzen für neue Zustelldienste.

Die anderen rund 2.500 Beschäftigten der Regulierungsbehörde werden nicht regulieren, sondern technische Aufgaben erledigen. Bisher arbeiten sie noch im Bundesamt für Post und Telekommunikation (BAPT) in Mainz, das 1998 in die Regulierungsbehörde eingegliedert wird. Sie teilen Frequenzen und Telefonnummern zu, übernehmen den Störmeßdienst und prüfen technische Geräte.

Erst wenn das Wirtschaftsministerium die vom Postminister geplante Regulierungsbehörde leiten darf, soll der Rotstift angesetzt werden. Wirtschaftsminister Rexrodt will langfristig etwa 1.000 Stellen einsparen. Thilo Richter