„Ich bin ein Gegner der Atomenergie“

■ Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) hält jedoch den Stopp der Atomtransporte über Bremens Häfen für rechtlich nicht machbar

Bremen ist die Drehscheibe für Atomtransporte in Norddeutschland. Während andere Häfen wie Emden oder Lübeck den Umschlag von atomaren Gütern verweigern, sind allein in diesem Jahr mehr als 50 solcher Transporte in Bremen und Bremerhaven abgefertigt worden. Gutachter hatten dabei erhebliche Sicherheitsmängel festgestellt: So rollen die Transporte durch Wohngebiete. Die strahlende Ladung steht oft tagelang auf Rangierbahnhöfen herum und wird über 20 Meter hoch auf Schiffe gehoben, obwohl die Behälter nur auf eine Fallhöhe von neun Metern getestet sind.

Das Gutachten lag, wie berichtet, ein Jahr im Hafenressort unter Verschluß. Nun haben die Beamten eine Reaktion verfaßt, unter anderem empfehlen sie eine neue Straße in Bremerhaven, um die Transporte nicht durch Wohngebiete zum Containerterminal fahren zu müssen. Wir fragten Häfensenator Uwe Beckmeyer, wie er sich zu Atomtransporten verhalten will.

taz: Innerhalb der SPD gibt es eine Diskussion um ein Verbot von Atomtransporten durch Bremen. Wie stehen Sie als SPD-Senator politisch zu dieser Forderung?

Uwe Beckmeyer (SPD), Senator für Häfen, Schiffahrt und Außenhandel:

Ich habe Sympathie für jeden, der Atomtransporten kritisch gegenübersteht – denn ich bin selbst ein Gegner der Atomenergie. Andererseits muß ich mich als Senator rechtstreu verhalten. Ein Verbot von Atomtransporten durch Bremen kann vom Senat nicht ausgesprochen werden.

Entsprechende Transporte werden nach den Bestimmungen des Atomgesetzes der Bundesrepublik Deutschland abgewickelt. Das Bundesamt für Strahlenschutz stellt die Transportgenehmigung aus und legt die Transportstrecke endgültig fest. Bremen hat juristisch keine Möglichkeit, solche Transporte zurückzuweisen, weil der Bundesgesetzgeber das Verfahren abschließend geregelt hat.

Können Sie sich vorstellen, die Initiative des Beirates Mitte aufzugreifen und sich im Senat für einen Transportstopp einzusetzen?

Ich sehe nicht, daß sich ein derartiger Transportstopp durchsetzen läßt. Atomare Transporte sind Teil des sogenannten „Entsorgungskonzepts“der Bundesregierung und im Endeffekt vielleicht zu verlagern, aber rnicht zu verhindern. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die gescheiterten Versuche der niedersächsischen Landesregierung, die Castor-Transporte nach Gorleben unterbinden zu lassen.

Sind die Transporte radioaktiver Güter für den Hafenstandort Bremen wirtschaftlich notwendig?

Für sich allein genommen – nein.

Das Gutachten „Transport radioaktiver Stoffe im Lande Bremen“stellt ein Gefährdungspotential durch diese Transporte fest. Warum dauert es länger als ein Jahr, um auf dieses Gutachten zu reagieren?

Ihre Frage unterstellt Untätigkeit. Das Gegenteil ist der Fall. Der Hafensenator selbst hat das Gutachten in Auftrag gegeben. Es berührt diverse sicherheitstechnische Aspekte. Wir diskutieren diese Aspekte überaus sorgfältig mit den verantwortlichen Senatsstellen, dem Arbeits-, Umwelt- und Innensenator, der Polizei, der Feuerwehr sowie dem Magistrat der Stadt Bremerhaven, um daraus Maßnahmen zu einer weiteren Erhöhung der Sicherheitsstandards abzuleiten.

War während dieser Zeit die Bevölkerung durch die kritisierten Mängel gefährdet?

Nach den meiner Behörde vorliegenden Informationen nicht.

Wie lange lagern Atomtransporte maximal im Hafen?

Eine Lagerung von Atomtransporten im Hafen ist nicht vorgesehen. Eine radioaktive Fracht, die das Hafengebiet in Bremerhaven erreicht, wird sofort vom Schiff aufgenommen, das daraufhin unverzüglich ausläuft.

Atom-Behälter werden auf eine Fallhöhe von 9 Metern getestet. Im Containerhafen werden Transportbehälter wesentlich höher gehoben. Geht davon eine Gefahr aus?

Die für Atomtransporte zuständige und verantwortliche Bundesregierung vertritt die Auffassung, daß die Beförderung radioaktiver Stoffe bei Einhaltung der Vorschriften, die auf den weltweit geltenden Empfehlungen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) beruhen, sicher ist. Dennoch wird Bremen bei der Fortschreibung der IAEO-Empfehlung den Vorschlag des Gutachters einbringen, daß nur Behälter verwendet werden, die gegenüber mechanischer Gewalteinwirkung mindestens der Klassifikation der sogenannten Typ-B-Behälter genügen.

Falls Ihnen die Daten der Bahn vorliegen: Ist eine Gefährdung der Bevölkerung durch lange Aufenthalte der Transporte auf Rangierbahnhöfen auszuschließen?

Dies ist ein Aspekt, dem die Deutsche Bahn AG nachgehen muß, um ihn unter Sicherheitspunkten zufriedenstellend zu lösen.

In Frankfurt konnte Oberbürgermeisterin Roth die Verantwortung von Atomtransporten durch die Stadt nicht mehr übernehmen. Was macht sie in Bremen sicherer?

Unser Ansatz ist es, die Sicherheitslage bei Gefahrguttransporten nach der Bewertung der Ergebnisse des von uns in Aufrag gegebenen Gutachtens weiter zu optimieren.

Interview: Christoph Dowe