Versager, Nichtstuer, Scheinheilige

■ Absolut kultverdächtig: „Absolutely Fabulous“ (TM 3, 22.05 Uhr)

„Fab“ sagte man damals, „groovy“ oder „cool“. Die Beatles hießen „The Fab Four“, und die Variante „FAB“ gehörte in der Kultserie „Thunderbirds“ unverbrüchlich zum Wortschatz selbst der distinguirten Lady Penelope, deren Rolls-Royce das Kennzeichen „FAB 1“ im Schilde führte.

„Absolutely Fabulous“ machte den Begriff wieder populär, ihre Fans nennen sie liebevoll „Ab Fab“. Mit dem Bezug zu den 60ern hat es dabei durchaus seine Bewandtnis, denn die Hauptfiguren Edina und Patsy sind Geschöpfe dieser Ära. „Ihre Teenagerzeit hat sie auf einem Sitzsack verbracht, die Zigaretten in der einen Hand, Räucherstäbchen in der anderen, und ein haariger Jüngling hatte sich an ihrem Gesicht festgesaugt“, weiß die Mutter der stets grell gewandeten Edina. Obwohl mittlerweile um die 40, haben die Freundinnen niemals abgelassen vom ausschweifenden Treiben ihrer Jugend. Alkohol, Zigaretten und Drogen sind für sie unverzichtbar, und Patsy als mannstoll zu bezeichnen wäre eine Untertreibung. Zu ihren Usancen gehört es, zwischen Frühstückswodka und dem Arbeitsbeginn noch rasch einen Schwangerschaftstest hinter sich zu bringen.

Wenngleich die pharmazeutisch und chirurgisch aufgefrischten Exzentrikerinnen im gnadenvollen Zustand permanenter Konfusion durchs Leben gleiten, haben es beide doch zu beachtlichem Stand und Besitztum gebracht. Die hyperaktive Edina ist Inhaberin einer PR-Agentur und richtet Modeschauen aus. Zudem bezieht sie Alimente von ihren Ex-Ehemännern. Während ihr Sohn Serge ständig auf Forschungsreise ist, lebt Saffron Monsson bei ihrer Mutter und ist nach deren Meinung ein Problemkind, weil exakt ihr Gegenteil: eine bürgerlich brave Studentin, der Alkohol und Tabak sehr zuwider sind.

Die Serie basiert auf einem Sketch aus der Comedyserie „French & Saunders“. Jennifer Saunders entwickelte „Absolutely Fabulous“ daraus, ihre neue Partnerin wurde Joanna Lumley. Auf die Frage nach der Zielgruppe der Serie sagte sie: „Fans, Freaks, Versager, Nichtstuer, Scheinheilige zwischen 16 und 60, die Spaß am Leben, eine Vorliebe für Alkohol, Lust an Katastrophen und noch mehr Freude am Selbstmord haben.“ Offenbar ein unterschätztes Potential, denn „Absolutely Fabulous“ erwies sich als erfolgreich. Selbst im Heimatland der Sitcom wurde man hellhörig – Roseanne Bar erwarb die Rechte für eine US-Variante. Harald Keller