Mit rotem Auge davongekommen

GAL will den ungeliebten Koalovertrag mit der SPD. Krista Sager, Willfried Maier und Alexander Porschke werden SenatorInnen  ■ Von Judith Weber

Wenn ein „nicht ganz schlecht“wie ein Lob daherbraust, wenn „akzeptabel“einem Schulterklopfen gleicht und wenn „sicher nicht der große Wurf“zum verbalen Händedruck wird – dann verabschieden Hamburgs Grüne ihren Koalitionsvertrag mit der SPD.

Die Vereinbarung ist schlecht, darüber waren sich die 415 GAL-Mitglieder gestern im Bürgerhaus Wilhelmsburg einig. Kein grünes Profil, keine Reformen und halsstarrige VerhandlungspartnerInnen – „das einzige, was die Sozis nicht gewagt haben, war, uns ihr Parteiprogramm zur Unterschrift vorzulegen“, schimpfte die Stadtentwicklungsexpertin Heike Sudmann. Aber den Vertrag deshalb ablehnen oder auf Verbesserungen in Nachverhandlungen pochen? „Damit können wir die Projekte wie die Hafenerweiterung und den Flughafenausbau auch nicht verhindern“, appellierte die künftige Vize-Bürgermeisterin Krista Sager an den Pragmaten im GALier. „Die SPD ist so, wie sie ist. Es ist illusorisch zu glauben, wir hätten sie in die Knie zwingen können.“

Und die Basis nickte. Nachdem die Grünen dreieinhalb Stunden lang ihren Frust über das quietschrote Vertragswerk gekübelt hatten, stimmten zwei Drittel von ihnen für die Regierungsvereinbarung. „Die Braut ist häßlich, aber geheiratet werden muß sie doch“, hatte der Grüne Klaus Kronberg zuvor verkündet. An die Macht, jetzt oder nie – finde doch „Veränderung nicht in Verträgen, sondern durch Handeln statt“.

Besser von innen werkeln als von außen nölen, fand auch die linke Unterhändlerin Anna Bruns. „Unter Schock“hatte sie den Vertrag zunächst nicht unterzeichnen wollen. Zu wenig hat ihre Partei in MigrantInnenfragen erreicht, zu mies sind die Beschlüsse in der Sozialpolitik. „Aber ich kann meine Hände nicht in Unschuld waschen“, begründete Bruns, warum sie auch mit einem schlechten Vertrag regieren will.

Souverän dem „politischen Selbstmord“(Willfried Maier) entronnen, ordnete die GAL ihr künftiges Leben. Wer will, kann und darf SenatorIn werden und im welchem Ressort? Daß „Krista die Gleichstellung nimmt“, hatte eine Rednerin schon erwähnt, bevor die Grünen dem Koalitionsvertrag zugestimmt hatten. Die Ex-Parteisprecherin in die Wissenschaftsbehörde, gemästet mit dem Frauenamt; Haushaltsexperte Willfried Maier als Chef der Stadtentwicklung und der linke Alexander Porschke in die abgespeckte Umweltbehörde: wie der Landesvorstand es vorgeschlagen hatte, wurde es beschlossen.

Dabei bekam Krista Sager mit 215 Ja- und 36 Nein-Stimmen die geringste Unterstützung für ihren „Spielwiesen-Senatorenposten“, wie zuvor der Bergedorfer Klaus Gärtner geschnappt hatte: „Selbst die Statt Partei hat die Wirtschaftsbehörde bekommen“; die Grünen dagegen begnügten sich mit Ressörtchen, dienlich wie Kinder-Einkaufswagen im Supermarkt.

Doch erneutes Stühlerücken am Verhandlungstisch wäre unmöglich, wußten die GALierInnen. „Das wäre eine Bitte um Erbarmen an die SPD“, geißelte der grüne Bürgerschaftler Martin Schmidt den Antrag auf Nachverhandlungen. Erstens entscheidet heute abend bereits die SPD über den Vertrag. Und zweitens „haben wir durchaus ein ausgezeichnetes Ergebnis auf der Ebene der Erklärungen erzielt.“

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