Keine Opferrente für Kriegsverbrecher

■ Koalition und Bündnisgrüne einigen sich darauf, das Bundesversorgungsgesetz zu ändern: Zusatzrenten von NS-Tätern und ihren Angehörigen sollen künftig gestrichen werden. Nur die SPD will bislang nicht mitmachen

Bonn (taz) – Kriegsverbrecher, NS- Verbrecher und ihre Hinterbliebenen sollen keine staatlichen Zusatzrenten als Kriegsopfer mehr beanspruchen können. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des Hitlerregimes werden endlich die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Leistung denjenigen gestrichen wird, die „während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen“ haben.

Am Donnerstag soll im Bundestag eine entsprechende Änderung des Bundesversorgungsgesetzes verabschiedet werden. Nach der bisherigen Rechtslage hat jeder, der eine kriegsbedingte Verletzung erlitten hat, Anspruch auf eine Opferrente – selbst wenn er als verurteilter Kriegsverbrecher im Gefängnis sitzt.

Die Bündnisgrünen hatten sich schon seit Jahren für eine gesetzliche Neuregelung eingesetzt, fanden dafür aber lange keine Verbündeten. Erst nach einem Bericht des ARD-Magazins „Panorama“ im Januar, in dem besonders skandalöse Fallbeispiele geschildert wurden, schwenkte dann auch die Regierung um.

In monatelangen Verhandlungen wurde zwischen Union, FDP und Grünen um den genauen Text des Gesetzentwurfs gerungen. Die Grünen wollten durchsetzen, daß allen freiwilligen Mitgliedern der SS die Zusatzrente gestrichen wird. Dazu war die Regierung nicht bereit. Der Kompromiß, der schließlich gefunden wurde, sieht aber immerhin vor, daß dieser Personenkreis besonders intensiv auf eine individuelle Beteiligung an Verbrechen überprüft werden soll.

Eine nochmalige Verzögerung des parlamentarischen Verfahrens wäre nur dann zu erwarten, wenn die SPD ihren bisherigen Widerstand gegen die Gesetzesänderung doch noch aufgäbe und erneut Beratungsbedarf anmeldete. Bisher vertreten die Sozialdemokraten die Aufassung, das Sozialrecht müsse wertneutral bleiben. Rentenrecht dürfe kein Strafrecht sein. Befürworter des Entwurfs wünschen sich jedoch die Zustimmung der SPD, auch wenn sie für eine parlamentarische Mehrheit nicht erforderlich ist wegen der großen Bedeutung der Gesetzesänderung im Blick auf deutsche Vergangenheitsbewältigung. Bettina Gaus Aktuelles Seite 2