Dioxinbelastetes Wasser von der Deponie in Dorfbach gepumpt?

■ Stillgelegte Mülldeponie in Münchehagen pumpt aus zwei Teichen Wasser in die Ils / Im Schlamm wurden Dioxinrückstände entdeckt

Offensichtlich wird mit Seveso-Dioxin belastetes Wasser aus der stillgelegten Mülldeponie Münchehagen bei Petershagen/Niedersachsen in einen vorbeifließenden Bach, die Ils, gepumpt. Diesen Vorwurf erhebt jedenfalls das Bürgerbüro Münchehagen, die Bürgerintiative gegen die Deponie.

Eher zufällig sei man auf die aktive Dioxinableitung gestoßen, meint der Sprecher des Büros, Heinrich Bredemeier. Auf der Mülldeponie befinden sich zwei Folienteiche, die das Regenwasser in und aus der Deponie auffangen. Dieses Wasser wird bei Bedarf über zwei Pumpen in die Ils gepumpt. Als der TÜV jetzt die rückständigen Schlämme des Baches untersuchte, um festzulegen, ob und wie diese als Sondermüll zu entsorgen seien, wurden Dioxinrückstände gemessen. „Wenn im Sediment Gift gefunden wird, dann kann man das bis zu einem gewissen Grad auch auf das abgepumpte Wasser hochrechnen“, so Bredemeier. „Wir haben eine wasserrechtliche Erlaubnis, das Wasser in die Ils zu leiten“, kontert Münchehagen-Projektleiter Günter Nerlich von der Bezirksregierung Hannover. „Außerdem gibt es keine Dioxin-Grenzwerte für die Wassereinleitung.“

Dem Bürgerbüro wurde ein weiteres Gutachten zugespielt, das das nordrhein-westfälische Staatliche Umweltamt Minden erstellt hat. Die Deponie befindet sich genau an der Landesgrenze zwischen NRW und Niedersachsen. Niedersachsen ist zuständig für die Deponie, NRW für den Zustand der Ils. Das Gutachten des Umweltamtes Minden stellte ebenfalls erhöhte Dioxinwerte in den Flugsänden des Bachwassers fest. „Die Bürgerinitiative arbeitet immer mit Einzeldaten. In der Gesamtschau unserer Meßreihen stellen wir keine Veränderungen der Dioxin-Belastung des Wassers der Ils fest“, argumentiert Nerlich.

„Das Wasser aus den Regenteichen wird außerdem dazu benutzt, die Deponie zu berieseln, um gerade in heißen Sommern zu verhindern, daß sich giftiger Staub aus der Deponie löst. Das ist eine enorme gesundheitliche Gefährdung der Arbeiter auf der Deponie“, meint Bredemeier vom Bürgerbüro. Münchehagen-Projektleiter Nerlich sieht dagegen keine Veranlassung, in Zukunft anders mit dem Teichwasser zu verfahren als bisher.

Niemand bestreitet, auch die zuständigen Behörden nicht, daß Dioxin aus der Mülldeponie austritt. Uneinig sind sich Behörden und Bürgerbüro über das tatsächliche Ausmaß der Belastung. Da es im an die Deponie angrenzenden Landkreis Petershagen zu vermehrten Leukämieerkrankungen gekommen ist, sehen BürgerInnen der Region einen Zusammenhang zwischen den Dioxinaustritten aus der Deponie und dem Auftreten des Blutkrebses. Erst letzte Woche organisierte das Bürgerbüro eine Blutspendeaktion, um einen Knochenmarkspender für eine an Leukämie erkrankte Jugendliche zu finden. An einem Tag ließen sich über 1.000 Menschen Blut abnehmen. „Wir sind zuversichtlich , einen geeigneten Spender gefunden zu haben“, meint Heinrich Bredemeier. „Unsere Untersuchungen schließen zwar einen Zusammenhang zwischen den Leukämiefällen und der Deponie nicht völlig aus, aber sie stellen auch ausdrücklich keinen her. Vielleicht gibt es in Petershagen noch andere krankheitserregende Emissionsquellen“, gibt dagegen Nerlich zu bedenken. schuh