Abstimmung vor der Abstimmung

Schon bevor der neue SFB-Intendant gewählt wird, herrscht Chaos im Rundfunkrat: Fliegt einer der beiden Kandidaten wegen zu niedriger Jahresbezüge aus dem Rennen?  ■ Von Lutz Meier

Die Abstimmung ist erst für heute angesetzt. Doch wenn der Rundfunkrat des Senders Freies Berlin um 19 Uhr zusammentritt, um einen neuen Intendanten zu wählen, dann könnte schon das meiste gelaufen sein. Denn möglicherweise steigt einer der Kandidaten schon vor der Abstimmung aus. Der Grund: Querelen um die Vertragsbedingungen des neuen Amtsinhaber.

Über die Art, wie der Verwaltungsrat des Senders die Bezahlungsmodalitäten für den neuen Intendanten bereits festgelegt hat, könnte NDR-Justitiar Werner Hahn, der für den Posten kandidiert, aus dem Rennen gekickt werden. Das würden besonders die CDU-nahen Rundfunkräte um CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky gerne sehen. Die haben mit dem Kieler NDR-Vizefunkhauschef Eckhard Bethke nur einen Kandidaten vorzuweisen, der auch bei konservativen Räten keine allzu gute Figur machte.

Das Kalkül Landowskys, so steht's in der Welt, über die der einflußreiche CDU-Strippenzieher bislang in dieser Sache Politik gemacht hat, ist einfach: Die Intendantenwahl könnte scheitern, und anschließend wird als „Konsenskandidat“ Volker Kähne präsentiert, der Chef von Eberhard Diepgens Senatskanzlei, der auch in konservativen SPD-Kreisen geschätzt wird. Zudem hätte Kähne noch ein weiteres Plus: Er genießt, so heißt es, das Vertrauen des Kanzlers.

Die Unterstützer von Werner Hahn, der von der Rundfunkratschefin Marianne Brinckmeier (SPD) ins Rennen gebracht wurde, haben offenbar einen folgenschweren Fehler begangen, als der Verwaltungsrat mit ihrer Zustimmung die künftigen Jahresbezüge des Intendanten auf 335.000 Mark festlegte und seine Altersbezüge auf 50 Prozent. Denn unter diesen Umständen würde ihr Kandidat sich gegenüber seinem jetzigen Posten deutlich verschlechtern.

An der Rundfunkratsspitze wird zwar argumentiert, die Festlegung sei kein Muß, sondern nur eine Verhandlungsbasis, doch das sehen die Unionsnahen komplett anders. Zudem soll das Gremium auch die Verhandlungsmasse festgelegt haben, und zwar auf 15.000 Mark, und ein anderes Modell der Altersversorgung – über letzteres wird nun gestritten.

Gestern nach Redaktionsschluß wollte der Rundfunkrat noch einmal beschließen, ob es bei den Vertragsmodalitäten bleibt: Eine Abstimmung vor der Abstimmung. Während auch in CDU-Kreisen eine Mehrheit für Bethke bei der heutigen Intendantenwahl wacklig scheint, glauben sich die Hahn-Unterstützer der notwendigen 16 Stimmen sicher zu sein. Wenn er denn kandidiert.