Tchibo ringt mit Eduschos Fehlern

■ Sanierung kostet 550 Jobs / Versand geht nicht ins Postamt 5

Tchibo wird das leerstehende Postamt 5 am Bremer Hauptbahnhof nicht kaufen, um dort einen erweiterten Eduscho-Versandhandel zu konzentrieren. „Wir haben uns nicht für eine Immobilie entschieden, weder im Stadtzentrum noch am Bremer Flughafen“, sagte Tchibo-Vorstand Wilfried Boysen gestern bei einer ersten Bilanz, ein halbes Jahr nach der Übernahme des Bremer Kaffeerösters durch den Hamburger Konkurrenten.

Boysens Fazit: Eduscho ist nach eklatanten Versäumnissen des Managements ein schlimmerer Sanierungsfall als angenommen (Siehe S.9). Eduscho wird auch in diesem Jahr wie 1996 wieder 100 Millionen Mark Verlust einfahren. Gewinne seien erst im Jahr 2000 zu erwarten, ein Jahr später als erhofft.

Die vorhandenen Kapazitäten für die Abwicklung des Versandhandels im Bremer Europahafen blieben bestehen und würden gegebenenfalls ausgebaut, sagte Boysen. Für Tchibo werde aber weiterhin ein Unternehmen in Neumünster Verpackung und Versand übernehmen. In Bremen wird ein Call Center mit 50 neuen Jobs für die zentrale Auftragsannahme eingerichtet. Geplant und organisiert werde der Versand aber bei Tchibo in Hamburg, sagte Boysen. Bisher habe man sich bei Eduscho zu eigenständig verhalten „wie ein kleiner Otto-Versand“und das Angebot zuwenig mit den Filialen abgestimmt.

Solche und weitere teure Fehler in der Organisation des Vertriebs, der Gestaltung der Filialen und der Führung des Personals bezahlen die Eduscho-Mitarbeiter mit dem Verlust von insgesamt 550 Arbeitsplätzen. Schon heute habe das Unternehmen bundesweit 300 Planstellen weniger als vor einem Jahr, so der Tchibo-Vorstand. Weitere 250 Stellen würden bis Frühjahr '98 gestrichen, davon 150 in der Bremer Zentrale. Die Bremer Eduscho-Rösterei bleibe erhalten.

Das Filialnetz werde überprüft, wenn irgendwo zwei Filialen eng beeinander liegen, könne auch mal ein Tchibo-Laden geschlossen werden. 30 Millionen Mark investieren die Hamburger, um die Eduscho-Verkaufsstellen aufzumöbeln. An einem Werbekonzept für die Spitzenmarke „Gala“werde gearbeitet, so der neue Eduscho-Chef Reinhold Möps.

Dem Bremer Hafen könnte die neue Strategie der Hamburger Eduscho-Eigner zugute kommen: Künftig soll der in Bremen verarbeitete Kaffee auch hier angelandet werden. Das könne mehr sein als in der Vergangenheit, wo die Bohnen von Händlern bezogen wurden, die auch in Hamburg einkaufen. jof