Das Portrait: Die siegreiche Diktatorentochter
■ Zoe Ceausescu
Wer sie in ihrer Wohnung im besseren Bukarester Viertel Cotroceni aufsucht, wird kein Glück haben. Wortkarg fertigt sie Besucher ab. Sie lebte schon vor 1989 eher zurückgezogen und wäre nach 1989 am liebsten völlig abgetaucht – die Ceaușescu-Tochter Zoé. Es gelang ihr nur halb. Deshalb fühlt sie sich als Opfer. Der Presse? Das gewiß, denn die habe nur Schmutzgeschichten über sie geschrieben. Als Opfer ihrer Eltern, ihrer Vergangenheit? Darüber schweigt sie.
Geboren 1949, war sie das zweite von drei Kindern des Diktatorenehepaars Nicolae und Elena Ceaușescu. Fast alle Angehörigen des Ceaușescu-Clans besaßen hohe Ämter im Partei- und Staatsapparat. Der jüngere Bruder Nicu, in Arroganz und Willkür seinem größenwahnsinnigen Vater ähnlich, stieg zum Gebietsparteichef in Hermannstadt auf. Zoé und ihr älterer Bruder Valentin hingegen saßen als einzige aus dem engeren Familienkreis nicht auf Funktionärsposten. Sie arbeitete als Mathematikerin, er als Atomphysiker. Warum sie auf Ämter verzichtete? Auch das hat die Ceaușescu-Tochter bisher nicht verraten.
Während der Revolte gegen Ceaușescu im Dezember 1989 inszenierte der spätere postkommunistische Staatspräsident Ion Iliescu einen geheimen Prozeß gegen den Diktator und ließ ihn und seine Frau erschießen. Ehemalige Hofschranzen zerrten Sohn Nicu in Handschellen vor laufende Kameras und schlugen ihn. Wenig später wurden auch die anderen beiden Ceaușescu-Kinder verhaftet. Ob in dem Militär- Lkw auch noch Platz für ihre Schoßhündchen sei, fragte Zoé bei ihrer Verhaftung. Wie die Eltern wurden auch die Kinder wegen „Sabotage der Volkswirtschaft“ angeklagt. Zoé und Valentin kamen bald frei, während Nicu noch Jahre in Haft saß und im September letzten Jahres an Leberzirrhose starb.
In diesem Sommer nun verklagte Zoé Ceaușescu ihrerseits den rumänischen Staat. Der soll die Wertsachen zurückgeben, die während der Untersuchungshaft der Ceaușescu-Kinder konfisziert wurden. Darunter: Gemälde, Schmuck, Kleider, Elektrogeräte und Bücher. Zoé Ceaușescu hatte Erfolg. Sie bekommt Familienschmuck und seltene Bücher nun zurück, wie ein Bukarester Gericht kürzlich entschied. Sie wird die Wertsachen wohl brauchen. Denn im Gegensatz zu ihrem Bruder Valentin, der wieder als Atomphysiker sein Geld verdient, ist Zoé Ceaușescu arbeitslos. Keno Verseck
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