Frauen dürfen im öffentlichen Dienst zwar nicht automatisch bevorzugt werden, eine Quotenregelung per Gesetz aber ist in der EU erlaubt. Das ist die Quintessenz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, der damit die Frauenför

Frauen dürfen im öffentlichen Dienst zwar nicht automatisch bevorzugt werden, eine Quotenregelung per Gesetz aber ist in der EU erlaubt.

Das ist die Quintessenz des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg, der damit die Frauenförderung Nordrhein-Westfalens billigt.

Positive Diskriminierung ist erwünscht

Die Quote ist nicht gleichheitswidrig, sondern verhilft der Gleichheit der Geschlechter erst zum Durchbruch. Zu dieser Erkenntnis ist nun auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gekommen. Voraussetzung dafür ist allerdings zweierlei: Zum einen muß die Quotenregelung von einer „Öffnungsklausel“ begleitet werden, die verhindert, daß Frauen quasi „automatisch“ bevorzugt werden. Zum anderen muß sich die Begründung der Quote ganz auf den Ausgleich von Diskriminierungen in der aktuellen Situation beschränken.

Keine Gnade fände in Luxemburg dagegen eine Frauenquote, die Frauen fördern will, weil sie vermeintlich anders denken und entscheiden als Männer. Ebenso wenig wäre eine Frauenquote zulässig, die die Benachteiligung von Männern als Ausgleich für deren jahrhundertelange Bevorzugung propagiert. Möglich aber, so der mit 15 Männern besetzte EuGH, sind Regelungen, die Diskriminierungen von Frauen ausgleichen.

Auch die Europarichter gehen nämlich davon aus, „daß selbst bei gleicher Qualifikation die Tendenz besteht, männliche Bewerber vorrangig vor weiblichen Bewerbern“ zu befördern und einzustellen. „Vorurteile und stereotype Vorstellungen über die Rolle und die Fähigkeiten der Frau im Erwerbsleben“ würden immer wieder zur Benachteiligung von Frauen führen. Zulässig seien deshalb Regelungen, so der EuGH, bei denen die „Eigenschaft als Frau“ als zusätzliches Beförderungs- oder Einstellungskriterium eingeführt werde, um bestehende Vorurteile auszugleichen.

Nun klingt die NRW-Quote dem Wortlaut nach eigentlich etwas radikaler. Frauen sind demnach bei gleicher Qualifikation solange bevorzugt einzustellen und zu befördern, bis im fraglichen Bereich Geschlechterparität erreicht ist. Doch die ursprünglich als „Härtefallklausel“ gedachte Regelung, wonach im Einzelfall auch ein Mann eingestellt werden kann, wenn Gründe, die in seiner Person liegen, „überwiegen“, hat sich längst zu einer „Öffnungsklausel“ gewandelt. Faktisch kamen schon bisher in NRW alle beruflichen und sozialen Fakten auf den Tisch, und bei der Bewerberin wurde als zusätzliches Kriterium noch die Eigenschaft als Frau positiv bewertet. So präsentierte das Land dem EuGH seine Quote auch bei der mündlichen Verhandlung im Frühjahr 1997. Der EuGH verlangt also gegenüber der bestehenden Praxis keine Einschränkungen.

Man kann nun darüber streiten, ob mehr drin gewesen wäre, wenn Nordrhein-Westfalen offensiver aufgetreten wäre oder ob die eher zurückhaltende Taktik sogar die Quote gerettet hat. Jedenfalls können die deutschen Gerichte, die nun die EuGH-Kriterien anwenden müssen, die bestehenden Regelungen kaum als Verstoß gegen europäisches Recht werten.

Umgekehrt hat der EuGH sogar davor gewarnt, die Quotenregelungen zu sehr zu verwässern. Denn die übrigen im Rahmen der Öffnungsklausel zu berücksichtigenden Kriterien dürfen ihrerseits gegenüber Frauen nicht „diskriminierend“ wirken. Typisches Beispiel: Wird ein alleinverdienender Familienvater gegenüber einer Frau aus sozialen Gründen vorgezogen, weil jene verheiratet und Doppelverdienerin ist, so könnte dies durchaus als frauendiskriminierend zu werten sein. Der EuGH hat zu dieser heiklen Frage gestern nicht Stellung genommen und die Antwort erst einmal den nationalen Gerichten überlassen.

Es ist zu vermuten, daß die QuotengegnerInnen nun wieder verstärkt den Weg zum Bundesverfassungsgericht suchen werden. Doch wird man in Karlsruhe wohl kaum hinter das Luxemburger Urteil zurückfallen können. Christian Rath