"Keine Basis"

■ Geplatzt: Wahl des neuen SFB-Intendanten. Kandidat Werner Hahn über seinen Rückzug

Nach Gezänk und Intrigen ist die Wahl eines neuen SFB-Intendanten geplatzt. Während der NDR-Justitiar Werner Hahn am Dienstag abend seine Kandidatur zurückzog, fiel Eckart Bethke glatt durch. Statt der nötigen 16-Stimmen-Mehrheit erhielt er 13 Ja- und 15-Neinstimmen. Die CDU hatte Bethke ins Rennen geschickt, während Hahn von Rundfunkratschefin Marianne Brinckmeier (SPD) vorgeschlagen worden war.

Der Sender steht nun weiter ohne einen Nachfolger für Günther von Lojewski da. Der mächtige CDU-Fraktionschef Klaus- Rüdiger Landowsky forderte im Tagesspiegel einen Konsenskandidaten, der eine Zweidrittelmehrheit finde. Brinckmeier entgegnete, der CDU-Chef meine wohl eine Zweidrittelmehrheit, die er bestimme. Im Rundfunkrat seien jedoch „Wunden geschlagen, und es dauert, bis so etwas vernarbt“, sagte sie der taz. Landowsky habe „keine strategische Mehrheit mehr“.

Die Kandidaten hatten sich am Montag abend dem Rundfunkrat vorgestellt. Anschließend gab es dort eine Diskussion um Höhe von Gehalt und Rente des künftigen Intendanten, bei der „gebrüllt und fast geweint wurde“, wie es heißt. Der Verwaltungsrat hatte das Gehalt auf maximal 335.000 Mark im Jahr und das Altersgeld auf 50 Prozent festgesetzt. Hahn wollte mehr, da sein Verdienst beim NDR höher liegt. Die vorläufige Festsetzung eines niedrigeren Gehalts wurde bei den Unterstützern Hahns als Trick Landowskys interpretiert, den SPD-nahen Kandidaten zu verhindern. Schließlich entschied der Rundfunkrat doch pro Hahn, indem er die Bezüge für den Intendanten erhöhte. Ungeachtet dessen zog Hahn wenige Stunden vor der Wahl zurück.

*

taz: Warum sind Sie kurz vor der Wahl noch ausgestiegen?

Werner Hahn: Ich habe am Dienstag erfahren, daß es nach der Kandidatenanhörung eine sehr kontroverse Diskussion gegeben hat – insbesondere über die Rahmenbedingungen für einen neuen SFB-Intendanten. Darin sah ich keine Basis einer erfolgversprechenden Zusammenarbeit.

Sie haben doch nicht ernsthaft an eine Dreiviertelmehrheit gedacht?

Nein. Aber ich habe schon gedacht, daß es vorrangig um das gehen müßte, was die Kandidaten für den SFB und für Berlin bewirken könnten.

Es blieb Eckart Bethke als Kandidat, allerdings ohne Mehrheit und 15 Gegenstimmen. Da hätten Sie also nur eine Stimme gebraucht und haben dennoch zurückgezogen.

Der SFB ist in einer schwierigen Lage. Er braucht einen Intendanten, der gemeinsam mit den Gremien die Zukunft des Sender gestalten kann. Nach der überaus emotionalen Debatte über Intendantenverträge statt über Programmperspektiven und Strategien habe ich festgestellt, daß Teile des Rundfunkrats offenbar noch Zeit brauchen, ihre Position zu überdenken, um zu einer gemeinsamen Intendanten-Lösung zu kommen. Dies muß für den SFB vorrangig sein.

Als Sie sich im Rundfunkrat vorstellten, soll Klaus-Rüdiger Landowsky mit seiner Banknachbarin ausführlich geratscht haben. Der hat sie wohl überhaupt nicht ernst genommen.

Da habe ich einen ganz anderen Eindruck gewonnen.

Kann es überhaupt einen SFB- Intendanten gegen den Willen Landowskys geben?

Das haben die Berliner zu entscheiden, aber im Sinne des SFB will ich das doch hoffen.

Wie beurteilen Sie denn seit Anfang der Woche das Verhältnis zwischen Parteipolitik und öffentlich-rechtlichem Rundfunk?

Ich würde die Lage in Berlin nicht überbewerten. Ich habe in den Berliner Rundfunkratsdiskussionen jedenfalls nicht den Ausgangspunkt für eine „wunderbare Freundschaft“ gesehen.

Sie sehen sich nicht wie in „Casablanca“ mit Klaus-Rüdiger Landowsky am Flughafen Tegel entlangspazieren?

Doch, wenn er den französischen Besatzungspolizisten spielt. Text & Interview: Georg Löwisch