In der Verbindung der Bilder

■ Die Griffith-Reihe im Metropolis zeigt einen umstrittenen Regisseur zwischen filmischer Avantgarde und Rassismus

Wohl kein anderer Regisseur hatte einen so nachhaltigen Einfluß auf die Entwicklung des Films wie David Wark Griffith. Einige hundert Filme hat Griffith zwischen 1908 und 1931 gedreht, und seine filmhistorische Bedeutung dabei auf verschiedenen Ebenen gegründet. Sein Umgang mit Licht- und Schatteneffekten, mit Auf- und Abblende setzte Maßstäbe in der Entwicklung des narrativen Films. Daneben etablierte er die Parallelmontage als Mittel filmischen Erzählens, die Eisenstein so nachhaltig beeinflußte. Gleiches gilt für den Einstellungswechsel in ein und derselben Szene und einer beweglichen Kamera, beispielsweise einen Zug in voller Fahrt verfolgend. Die Schnitt-Technik, ist sich die Filmwissenschaft einig, wurde mit Griffith zur Kunst, er drehte mit Birth of a Nation den ersten abendfüllenden Spielfilm überhaupt und galt als erster Regie-Star der Filmgeschichte. Diese und andere Innovationen brachten ihm den Titel „Father of Film“ ein, und exemplarisch für seine ganze Generation erklärte Charles Chaplin: „He was the Teacher of us all.“

So unbestreitbar Griffiths Relevanz in der Entwicklung der Filmindustrie und -technik ist, so umstritten ist er gleichwohl für einige inhaltliche Aussagen seiner Filme, vor allem in seinem berühmtesten Film Birth of a Nation, der die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs anhand zweier Familien aus Nord und Süd erzählt und die Phase der Reconstruction schildert, in deren Verlauf auch der Ku-Klux-Klan als „Befreier des Südens“ gegründet wird.

Genau wegen dieser Aussagen wurde und wird Griffith der Vorwurf des Rassismus gemacht, der sich in seiner Darstellung der Schwarzen, die sich an ihren ehemaligen Herren rächen, und vor allem an einem heroischen Bild des Ku-Klux-Klans manifestiere. Und zweifelsohne sind Griffith berechtigte Vorwürfe zu machen – stammt doch die literarische Vorlage aus der Feder des Beton-Rassisten Thomas Dixon. Betrachtet man jedoch die filmische Umsetzung genau, fällt auf, daß das kritisch entworfene Bild einer rassistischen Hetze in Birth of a Nation keineswegs bruchlos ist und Griffith selbst kaum als blinder Rassist bezeichnet werden kann.

Obwohl Griffith auf beiden Seiten mit Stereotypen arbeitet, die eilfertig betrachtet allein wie rassistische Vorurteile wirken, existiert gleichwohl auch hier ebenso der klar analytische Blick Griffiths, der Handlungsmotivationen gerade der Schwarzen aus ihrer Geschichte und den Herrschaftsverhältnissen heraus begründet. Griffith interessiert in allen Filmen die analytische Sicht auf Erfahrungen, die er dramatisch verarbeitet. Und so kann es kommen, daß in Birth of a Nation genau der Ku-Klux-Klan zum heldenhaften Retter wird, den Griffith vier Jahre zuvor in The Rose of Kentucky als Gangster-Vereinigung diskreditierte. In jedem Falle erschließt sich über die aufmerksame Sicht seiner Filme, die Form und Inhalt nicht so ohne weiteres trennt, die Leistung Griffiths. Sie liegt gerade darin, über eine jeweilige Gegenüberstellung auf das Dazwischen, auf den gesellschaftlichen Zusammenhang zu kommen.

Jan Distelmeyer Intolerance: 5.5., 17 Uhr, 10.5., 18 Uhr / The Birth Of A Nation: 12.5., 18 Uhr. Weitere Termine im Kino-Programm.