Feiern und Erinnern

■ Von der Geburtsparty der Freiheit bis zur Aufarbeitung der Geschichte: Diese Woche steht Hamburgs Kultur im Zeichen des 50. Jahrestags des Kriegsendes

Am 8. Mai ist es 50 Jahre her, daß Deutschland im Zweiten Weltkrieg kapituliert hat und damit die Herrschaft der Nationalsozialisten beendet war. Der runde Jahrestag verpflichtet offensichtlich zum Feiern, Erinnern und Gedenken. Die Hamburger Theater nähern sich diesem sperrigen Gedenktag auf ganz unterschiedliche Weise.

Das Thalia-Theater betont das Ende des Nationalsozialismus und damit die Befreiung von einem Terror-Regime, wie Intendant Jürgen Flimm betont. Unter dem Motto Die Freiheit hat Geburtstag – Wir engagieren uns stehen eine Reihe von Produktionen am Thalia, aber auch an anderen Theatern in Deutschland. Den Jahrestag des Kriegsendes feiert die Bühne am Alstertor mit einer Gala, auf der Stars aus dem In- und Ausland auftreten: Von Udo Jürgens über die Prinzen bis zu den Toten Hosen reicht das Spektrum. Die meisten von ihnen spielen allerdings nur vor geladenen Gästen während der Live-Übertragung des ZDF ab 20 Uhr. Nach 22 Uhr ist das Haus dann für das allgemeine Publikum geöffnet, das sich noch an Klaus Doldinger und den Leningrad Cowboys erfreuen kann (Eintritt frei).

Das Deutsche Schauspielhaus begibt sich zum Jahrestag des Kriegsendes auf Spurensuche. Am 28. April hatte bereits Glücklich ist, wer vergißt Premiere. Ein Projekt, das sich der Geschichte des ehemaligen Wehrmachts- und Bundeswehrgeländes Höltigbaum annimmt: Hier wurden kurz vor Kriegsende noch Hunderte von Deserteuren erschossen (siehe taz vom 2. 5. 1995). Gemeinsam mit dem Historiker Hannes Heer vom Hamburger Institut für Sozialforschung hat der Schauspielhaus-Regisseur Jossi Wieler den Minsker Prozeß als szenische Installation eingerichtet. Basierend auf Archiv-Material aus den GUS-Staaten, wird am 6. Mai der erste Prozeß gegen deutsche Kriegsverbrecher, der 1946 im weißrussischen Minsk stattfand, aufgerollt.

Das Ernst-Deutsch-Theater zeigt noch bis zum 21. Mai das Dokumentarspiel Die Ermittlung von Peter Weiss. Aus den Protokollen der Frankfurter Auschwitzprozesse in den 60er Jahren entstand dieser an Dante erinnernde dokumentarische Gesang. Im Foyer des Theaters ist zur gleichen Zeit eine Ausstellung von Prozeßberichten aus den damaligen Zeitungen zu sehen.

Die Hamburger Kammerspiele nehmen den Jahrestag zum Anlaß, sich mit der Geschichte des eigenen Hauses zu beschäftigen. Das einstige jüdische Logenhaus in der Hartungstraße war im Frühjahr 1945 ein Kino der Ufa und mutierte danach zum britischen Offiziersclub. Die Probebühne der Kammerspiele befindet sich in einer ehemaligen Munitionsfabrik. Messap, Ufa und Savoy heißt deshalb die Collage aus Texten, Filmen und Musik, mit der die Geschichte der Bühne rekonstruiert werden soll (8. Mai, Ehemalige Bombenzünderfabrik, Essener Straße 2, Hamburg-Langenhorn).

Erinnerung an die Toten des Zweiten Weltkriegs und Zeichen der Versöhnung, das ist das War Requiem von Benjamin Britten. 1962 wurde es in der wiederaufgebauten Kathedrale von Coventry uraufgeführt. Die Altonaer Singakademie bringt das Werk am 6. Mai in der Musikhalle gemeinsam mit internationalen Solisten sowie Orchestern aus Polen und Rußland zu Gehör.

Iris Schneider