„Wir schweigen doch den ganzen Tag“

■ Probleme mit der verordneten Gedenkminute in Hamburgs Bussen

Gestern vor 50 Jahren kapitulierte die Hansestadt Hamburg. Da wollte auch Hamburgs Hochbahn (HHA) nicht zurückstecken und die Feierlichkeiten zum Kriegsende bereichern. Mit einer Gedenkminute wollte die HHA an das politisch-historische Bewußtsein ihrer öffentlichen Verkehrsnutzer appellieren.

„Das hat alles phantastisch geklappt“, kommentierte der Pressesprecher der HHA, Joachim Heger, gestern die Aktion. Bereits eine Stunde zuvor wurden die Passagiere auf den Grund für die einmütige Fahrtunterbrechung aufmerksam gemacht: „Wir bitten um ihr Verständnis“, so sollte es dann abschließend laut Pressetext der HHA durch Hamburgs U-Bahnen und Busse schallen.

Kurz vor 11 Uhr, Busbahnhof Altona, 113er und 115er Richtung Eimsbüttel. Fünf vor elf, die Spannung steigt. Wird gleich die Atmosphäre hektischer Betriebsamkeit in andächtiges Schweigen umschlagen? 11 Uhr, drei nach 11, nichts passiert. Kein außerfahrplanmäßiger Stopp, keine Ansprache des Busfahrers, kein Fahrgast, der die 60 Sekunden Schweigen einforderte.

„Sie können sich ihre Minute an den Hut stecken“, so die Auskunft eines kurzangebundenen HHA-Chauffeurs. Ein Zeichen für mangelndes politisches Bewußtsein? Wohl eher nicht. Der Mann machte eher den Eindruck, mit dem falschen Fuß aufgestanden zu sein. Auf weitere Fragen gab es nur noch ein uninteressiertes Schulterzucken.

Ganz anders die Begründung eines anderen Fahrers für das Auslassen der Gedenkminute: „Wieso Schweigeminute, wir schweigen doch den ganzen Tag.“ kim