„Bring Syllo nach Hause“

■ Die Victoria Wildcats: Hamburgs erstes Frauen-Softball-Team / Ein Spiel nur für Frauen und alte Männer? Von Iris Schneider

Softball hat nichts mit einem weichen Ball zu tun, wie der Name der Sportart irreführend behauptet. Der Ball ist im Gegenteil ziemlich hart. Softball ist sozusagen die kleine Schwester des großen Baseball. Mit wenigen Ausnahmen gelten die gleichen – für den gemeinen Europäer nicht auf den ersten Blick verständlichen – Regeln. Lediglich die Distanzen zwischen den Bases sind kürzer – 18 statt 28 Meter – der Ball ist größer und der Schläger – die Keule – kleiner. Ist das der Grund, warum Softball international nur von Frauen und gereiften Männern gespielt wird? Die Meinungen gehen weit auseinander: „Das spielen nur alte Männer mit einer Bierkiste als First Base“, so ein ungenannt bleiben wollender Baseballakti-vist; „Das Spiel ist einfach schneller“, so die Hamburger Nationalspielerin Monika Bornmüller.

Noch vor zwei Jahren gab es in der Hansestadt nur ein Frauen-Softball-Team: Die Victoria Wildcats. „Wir finden es gut und wichtig, daß Frauen Baseball spielen dürfen. Wir haben uns aber für Softball entschieden, weil es für uns mehr sportliche Herausforderungen bietet“, begründete Sylvia Francke, eine der Gründerinnen des ersten Frauen-Softball-Teams, ihre damalige Entscheidung. Inzwischen sind alle sechs ehemaligen Frauen-Baseball-Teams umgestiegen. Grund: Die Hamburger Mannschaften blieben immer unter sich, weil nur in der Hansestadt eine Frauenliga im Baseball existierte. Denn bundesweit war man nicht gewillt, dieses Beispiel Schule machen zu lassen, weil es international keine Frauenwettkämpfe im Baseball gibt.

„Die Wildcats haben gesehen, wo es lang geht und sind den richtigen Weg gegangen“, lobt Edwin Feindt, Präsident des Hamburger Baseball und Softball Verbands, die Entscheidung der Lokstedterinnen. Ohne die Aussicht, jemals in einer Nationalmannschaft spielen zu können, fiel es den Victoria Wildcats leicht, die Baseballerinnen von den Vorzügen der „weichen“ Variante des Spiels zu überzeugen.

Diese „gute Tat“ büßten die Wildkatzen gleich in der ersten Saison mit dem Verlust des Meistertitels, den sie im Vorjahr in der Nord-Liga auf Anhieb gewinnen konnten. Für diese Spielzeit haben sich die 25 Lokstedter Softballerinnen vorgenommen, den Titel zurückzuerobern. Am zweiten Spieltag am Ostersonnabend wurden sie allerdings gleich kalt erwischt. Kein Wunder, bei dem Regen hatten nur wenige Fans den Weg auf den Bosseplatz des Eimsbütteler Turnvereins an der Hohen Weide gefunden. Zwar gab man sich alle Mühe, das jeweilige Lieblingsteam anzufeuern: „Bring Syllo nach Hause, Moni! Schöner Pitch!“, aber die Keulen wollten den Ball einfach nicht treffen. Gegen die Eimsbüttler Lady Knights 1 unterlagen die Wildcats mit 3:11.

So ein Softballmatch erinnert manchmal – ähnlich wie Baseball – an Katz und Maus. Wenn die Fans nicht für jede Regung der Spielerinnen einen passenden Spruch hätten – „Sieh' sie Dir genau an! Los hol' sie Dir!“ – würde lange Zeit nicht mehr passieren, als daß die Pitcherin (Werferin) den Ball wirft und die Catcherin (Fängerin) ihn fängt. Die Batterin (Schlägerin) der angreifenden Mannschaft wartet erstmal ab. Wenn sie dann den Ball richtig trifft, bricht sekundenlang Hektik auf dem Platz aus: Die Angreiferinnen laufen von einer Base zur nächsten, die Verteidigerinnen werfen sich nach festen Mustern den Ball zu. Welches Muster dran ist, erfahren sie von der Catcherin, die als einzige das ganze Spielfeld überblickt. Höchste Alarmstufe ist angesagt bei „Base is loaded“. Dann steht auf jeder Base eine Angreiferin, und wenn die Verteidigerinnen den Ball nicht schnell unter Kontrolle bringen, können vier Läuferinnen nach Hause (home) kommen und so ihrem Team vier Punkte sichern.

Am dritten Spieltag, Sonntag vor einer Woche fiel den Wildkatzen der Sieg einfach zu: Ihre Gegnerinnen, die Lüneburger Woodlarks waren nach dem Aufwärmen nicht mehr vollzählig. Der Coach hatte der Catcherin einen der angeblich so weichen Bälle so auf die Oberlippe plaziert, daß sie eine beträchtliche horizontale Ausdehnung annahm. Da sie aber schon mal angetreten waren und außerdem das Wetter für Zuschauer gesorgt hatte, organisierten die beiden Teams flugs ein Freundschaftsspiel.

Und hier konnten die Wildcats mal richtig zeigen, was sie können. Nach dem fünften inning (Durchgang) hatten sie mit 14:1 den Sieg in der Tasche. Klarer Fall von Ten-Run-Rule: Wenn ein Team nach fünf Runden, in denen jede Mannschaft einmal Verteidigerin und einmal Angreiferin war, mit zehn Punkten führt, ist das Match eben vorzeitig zu Ende.

Nächstes Spiel: Sonntag, 7. Mai, 13 Uhr, Victoria-Stadion, Lokstedter Steindamm, gegen die Marines.