: „An Großprojekte ist nicht zu denken“
■ Christina Weiss: Wie eine Parteilose zum dritten Mal Kultursenatorin wird
Das große Palavern ist zu Ende, die Gretchenfrage „Wie halte ich es mit der Kulturpolitik?“erwartungsgemäß beantwortet. Liefen die Diskussionen um einige Posten und Ämter sich zwischenzeitlich wund, reichten sich Großspurigkeit und Kleinmut, Eitelkeiten und Enttäuschungen abwechselnd die Hände, so wucherten die Machtkeilereien doch nie bis zur Chefinnenetage der Kulturbehörde. Und wenn der Senat nun ausruft: Die Neue ist die Alte, ist das kein Überraschungsei. Christina Weiss wird auch die nächsten vier Jahre die Kulturbehörde leiten.
Ihre Freude über die Wiederernennung ist jedoch geteilt. „Natürlich ist es schön, daß mich keiner loswerden wollte. Gerade bei Parteilosen kann das ja ganz schnell gehen. Ich weiß aber auch, daß meine Arbeit sehr viel schwieriger werden wird. Und nicht zuletzt die wirtschaftliche Entwicklung macht mir schon ein wenig Bammel. An teure Großprojekte ist nun wirklich nicht mehr zu denken“, sagte sie gegenüber der taz. Und so hofft die Senatorin, daß wenigstens „die guten Leute in der Kulturszene, die bislang die Krise noch als Herausforderung zu nehmen wußten, nicht wegen fehlender Gelder abhauen“.
Christina Weiss' Wiederernennung bestätigt nicht nur, daß sich in allem Geraune der Parteiprogramme keine ernstzunehmende Alternative versteckte, sondern vor allem die Weiss'sche Kulturpolitik der vergangenen sechs Jahre. Die weiterentwickelte Verselbständigung der Staatstheater zählte zweifellos zu den Sanierungsmaßnahmen, die im Streit ums Geld so behutsam vor sich gingen, daß eine kulturelle Totalrasur ausblieb. Christina Weiss gelang es nicht nur, trotz größten Sparzwangs Kampnagel zu halten, sondern auch das Museum der Arbeit, die Kunstinsel und ein Atelierhaus durchzusetzen.
Der größte Brocken in der nächsten Amtsperiode „wird sicherlich die Verselbständigung der Museen werden“. Die bereits an den Theatern erprobte Strukturreform habe jedoch „nichts mit Geldwegnehmen oder totaler Privatisierung zu tun“, beruhigt die Senatorin. Wird es in den Ausstellungshäusern finanziell eng, stehen Reparaturen und Kosten bei der Instandhaltung an, „können sie sich wie eh und je an unsere Behörde wenden“.
Rechnet Christina Weiss hier dennoch durchaus mit Protesten, sieht sie den anderen politischen Vorgaben eher gelassen entgegen: „Kein Punkt im Koalitionsvertrag wird einen Knall auslösen.“Auch die Weisungen an die Öffentlichen Bücherhallen, die laut Koalitionsvereinbarung zunehmend ehrenamtliche MitarbeiterInnen einspannen sollen, um das Angebot größer und die Öffnungszeiten benutzerfreundlicher zu gestalten, hält sie für gut durchführbar. „Nicht aus Hoffnung, sondern aus Erfahrung“, wie sie bekräftigt.
Bei aller Freude über den vertrauten Job: Eine bittere Pille mußte Christina Weiss doch schlucken. Das Amt für Gleichstellung, das sie bislang neben der Kulturpolitik ausübte, ist sie los. Krista Sager wird diesen Bereich parallel zur Wissenschaftsbehörde verwalten. „Schade“, meint Weiss, „aber Frauen sind nun mal ein klassisch grünes Thema.“ Birgit Glombitza
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