Brandenburg ohne SPD-Agrarminister

■ Rücktritt des Landwirtschaftsminister Edwin Zimmermann. Er soll seinem Familienbetrieb eine halbe Million Mark zugeschanzt haben

Berlin (taz) – Es war ein Abgang, wie man es Edwin Zimmermann gar nicht mehr zugetraut hätte. Mit vibrierender Stimme verlas Brandenburgs Landwirtschaftsminister gestern in Potsdam seine Rücktrittserklärung. Dabei hatte der Sozialdemokrat mit der robusten bäuerlichen Statur alle Affären in seiner siebenjährigen Amtszeit ausgesessen. Der jüngste Vorfall aber war zuviel des Erträglichen: Der 49jährige wurde den Vorwurf nicht mehr los, persönlich dafür gesorgt zu haben, daß ein Projekt auf seinem Familienbetrieb in den Genuß öffentlicher Mittel kam.

Auf dem Hof seines Bruders Eckhardt in Schöna-Kolpin war eine Schaubäckerei mit rund einer halben Million Mark direkt aus seinem Agrarministerium gefördert worden. Vor drei Jahren als ABM- Projekt gegründet, war die Schaubäckerei im Oktober in eine GmbH umgewandelt worden. Leiterin und Assistentin waren Zimmermanns Ehefrau Christel und Tochter Monique. Pikant war das unbürokratische Prozedere eines ansonsten langwierigen Förderverfahrens. Schon einen Tag nach der Antragstellung war der gewünschte Ausbau der Schaubäckerei im Agrarministerium genehmigt. Eine von vielen Merkwürdigkeiten, die Zimmermann auch in einem Fragenkatalog an Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe nicht zufriedensstellend beantworten konnte.

Der SPD-Politiker, selbst wegen seiner Stasi-Kontakte zeitweise unter erheblichem öffentlichen Druck, verband den Rücktritt seines Agrarministers mit einer Attacke gegen Medien und die CDU/PDS-Opposition im Potsdamer Landtag. In der „veröffentlichten Meinung“ hätten „Erklärungen zum Sachverhalt“ keine Rolle mehr gespielt, so daß er einen derartigen „Prozeß“ der „Beschädigung“ eines der „erfolgreichsten Minister Ostdeutschlands“ nicht mehr mittrage.

Zimmermann agierte im Stile eines CSU-Politikers: Je heftiger er angegriffen wurde, um so derber reagierte er. Das brachte ihm Sympathien bei der Landbevölkerung ein. 1991 hatte er Kommunalkrediten über 95 Millionen Mark zugestimmt. Sie wurden für den Bau zweier völlig überdimensionierter Anlagen zur Beseitigung von Tierkörpern verwendet. Eine im selben Jahr gegründete Brandenburgische Landgesellschaft (BLG), die Liegenschaften der Treuhand übernehmen sollte, wurde vor zwei Jahren liquidiert. Geschätzte Kosten: 50 Millionen Mark.

Als er kürzlich im BLG-Untersuchungsausschuß aussagen sollte, schwieg er und verwies auf eine schriftliche Anweisung Stolpes. Derartige Hartnäckigkeit brachte die SPD-Fraktion in Bedrängnis. Fraktionschef Wolfgang Birthler sprach von einer „Überinterpretation“ eines Routineschreibens, das Stolpe immer dann versende, wenn Minister vor Untersuchungsausschüssen aussagen müssen. Severin Weiland