Das Ringen um die Wasserbetriebe beginnt

■ Nachdem der SPD-Parteitag eine Teilprivatisierung der Wasserbetriebe beschlossen hat, muß mit der CDU im Koalitionsausschuß verhandelt werden. Totalprivatisierungspläne von Wirtschaftssenator Piero

Die Beschlüsse des SPD-Parteitags zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und dem Teilverkauf von Wohnungsbaugesellschaften sind am Wochenende beim Koalitionspartner CDU auf Kritik gestoßen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) sieht damit den finanzpolitischen Spielraum der Stadt noch stärker eingeschränkt. Eine höhere Neuverschuldung zur Finanzierung der Haushaltslöcher sei nicht mehr ausgeschlossen, erklärte er. Diepgen rief die SPD- Fraktion dazu auf, sich nicht in allen Punkten an die Parteitagsbeschlüsse zu halten.

Die Grünen stellten erneut die Regierungsfähigkeit der Großen Koalition in Frage. Lob gab es dagegen von PDS-Fraktionschef Harald Wolf. Die SPD-Delegierten hätten „größere Weitsicht“ bewiesen als ihre politische Führung.

Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) hatte die Beschlüsse als „nicht weitreichend genug“ kritisiert. Die Haushaltskonsolidierung werde damit „schwierig“. Sie muß bis Ende Januar dem Parlament einen Bericht vorlegen, wie die im Haushalt 1998 eingeplanten 5,8 Milliarden Mark durch Vermögensverkäufe konkret erzielt werden sollen.

Doch jenseits des parteipolitischen Geplänkels ist das vom SPD- Parteitag beschlossene Modell einer Teilprivatisierung der Wasserbetriebe auch in der CDU konsensfähig. Die SPD will die Wasserbetriebe als Anstalt des Öffentlichen Rechts unter dem Dach einer Holding AG erhalten. Stille Anleger können ihr Geld in die Aktiengesellschaft investieren, ohne aber Einfluß auf die Geschäftspolitik zu erhalten. Außerdem soll die Mehrheit der Aktienanteile beim Land bleiben. Vorbild ist die Teilprivatisierung der Deutschen Siedlungs- und Landesrentenbank (DSL), nach der das Modell auch benannt ist. „Das DSL- Modell stammt ursprünglich von der CDU“, sagte gestern der CDU-Haushaltsexperte Volker Liepelt. Die Wasserbetriebe sollten auf jeden Fall als Anstalt Öffentlichen Rechts erhalten bleiben, weil nur so die Rechte der Beschäftigten geschützt werden könnten. Im Kern werde sich die Auseinandersetzung mit der SPD um die Frage drehen, ob die Aufgaben der Wasserver- und -entsorgung bei der Anstalt bleiben oder bei der Aktiengesellschaft angesiedelt würden. Nicht ausgeschlossen sei auch, einen Investor direkt an der Anstalt Öffentlichen Rechts zu beteiligen, sagte Liepelt. Doch genau diesen Verhandlungsspielraum wollte der SPD-Parteitag mit der Festlegung auf das DSL-Modell der Finanzsenatorin nicht einräumen.

Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) lehnt das DSL-Modell ab. Wegen zu geringer Renditeerwartung seien keine Investoren zu finden. Liepelt schloß aber aus, daß Pieroth die Totalprivatisierung durchsetzen könne. „Eine reine Aktiengesellschaft wird es mit Sicherheit nicht geben.“ Pieroth wird dem Senat am Dienstag seinen Vorschlag „außerhalb der Tagesordnung“ unterbreiten. Diesen Weg muß er wählen, weil bei einer Beschlußvorlage Umweltsenator Peter Strieder (SPD) und die Finanzsenatorin mitzeichnungspflichtig wären. Strieder würde eine völlige Privatisierung der Wasserbetriebe aber niemals unterschreiben.

Ein Senatsbeschluß wird am Dienstag nicht fallen. Die Zukunft der Wasserbetriebe wird auch den in dieser Woche tagenden Koalitionsausschuß beschäftigen. Dorothee Winden