Marokkos Opposition gewinnt die Wahlen

■ Für eine Regierungsbildung braucht das Bündnis Koutla Hilfe vom Zentrumsblock

Madrid (taz) – Jetzt gilt es für Hassan II., Wort zu halten. Vor den marokkanischen Parlamentswahlen hatte der Monarch versprochen, falls die Opposition an den Wahlurnen bestehe, dürfe sie die Regierung stellen. Am Freitag verhalfen die Wähler der Opposition zu einem knappen Sieg.

Das Oppositionsbündnis Koutla – ein Zusammenschluß der Union der Sozialistischen Volkskräfte (USFP), der nationalistischen Istiqlal, der kommunistischen Partei für Fortschritt und Sozialismus (PPS) und der marxistischen Organisation der demokratischen Volksaktion (OADP) – ging mit 31,3 Prozent und 102 von 325 Abgeordneten als Sieger aus den Wahlen hervor. Der bisherige Regierungsblock Wifak, ein Bündnis aus Parteien, die ihre Mitglieder hauptsächlich aus der königlichen Verwaltung rekrutieren, liegt mit 30,7 Prozent der Stimmen und 100 Parlamentssitzen knapp dahinter. Der dritte Block, die Zentrumsparteien, erzielten 29,8 Prozent und 98 Sitze.

Erstmals ziehen auch neun islamistische Abgeordnete in das Parlament ein. Die Mitglieder von „Reform und Erneuerung“ waren als Unabhängige auf der Liste der Demokratisch-Konstitutionellen Volksbewegung (MPDC) angetreten. 42 Prozent der Wahlberechtigten blieben zu Hause.

Jetzt liegt es an Hassan II., einen Politiker aus dem Oppositionslager mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Dort bietet sich die USFP an. Sie ging mit 17,5 Prozent als stärkste Einzelpartei aus der Abstimmung hervor. Für eine Mehrheit im Parlament braucht Koutla allerdings Koalitionspartner aus dem Zentrum. Dort hat die Nationale Versammlung der Unabhängigen (RNI) von Ahmed Osman, einem Schwager von Hassan II., bereits vor den Wahlen die Bereitschaft erkennen lassen, an einer neuen Regierung mitzuwirken.

Doch ausgerechnet jetzt droht Koutla eine Krise. An den Urnen hat sich das Kräfteverhältnis der beiden großen Parteien Istiqlal und USFP erheblich verschoben. Noch im Juni bei den Kommunalwahlen war Istiqlal die stärkste Partei, jetzt ist es die USFP. Der Kampf der beiden Großen um die Vormachtstellung verhinderte die Aufstellung gemeinsamer Listen, die beim in Marokko gültigen Mehrheitswahlrecht mehr Parlamentssitze gesichert hätten. Reiner Wandler